1 Aufbau, didaktische Konstruktion und Adaptivität

Die Mathematikkurse des Hanser eCampus sollen es Student:innen der MINT-Fächer in der frühen Phase ihres ingenieurwissenschaftlichen Studiums ermöglichen, Basiskompetenzen in den behandelten Themengebieten zu festigen. Das erfolgreiche Absolvieren der Kurse wird durch eine KI-gesteuerte adaptive Engine gewährleistet, die die Lernenden auf individuellen Pfaden durch die Lernziellandschaft zum Erfolg führt. In heterogenen Lerngruppen wird mit dem erfolgreichen Absolvieren eine Vergleichbarkeit der Lernstände aller teilnehmenden Lernenden erreicht. Somit stabilisieren und ebnen die Kurse dieser Reihe das Fundament, auf dem Dozent:innen gemäß den jeweiligen Studienordnungen und ihrer individuellen Ansprüche und Zielsetzungen ihre Lehre errichten können. In diesem Abschnitt erläutern wir den Aufbau und die didaktische Konstruktion sowie die Adaptivität des Kurses. In Abschnitt 2 bieten wir die Möglichkeit, mithilfe einer kurzen, interaktiven Demoversion einen Einblick in den Kurs zu gewinnen. Im abschließenden Abschnitt 3 ordnen wir die Mathematikkurse in den Kontext des Hanser eCampus und in das Konzept des Hanser Fachbuchverlags zur digitalen Unterstützung der Lehre in den MINT-Fächern der ingenieurwissenschaftlichen Hochschullehre ein.

1.1 Aufbau und didaktische Konstruktion

Ein Mathematikkurs des Hanser eCampus ist ein adaptiver, browserbasierter Online-Kurs in der Lehr-/Lernplattform Rhapsode™. Die Auswahl der Inhalte erfolgt mithilfe der Expertise lehrerfahrener Autor:innen des Hanser Fachbuchverlags und auf Grundlage von Anforderungskompilationen wie etwa der MaLeMINT-Studie. Die Kursinhalte werden so in Kursmodule aufgeteilt, dass die einzelnen Module jeweils mit einem Zeitaufwand von 30 bis 60 Minuten bearbeitet werden können. Ein Kursmodul besteht aus etwa 20 bis 30 hierarchisch strukturierten Lernzielen. Ein Lernziel entspricht einer zu erreichenden Kompetenz. Ein Lernziel kann zum Beispiel sein: „Unterscheiden von linkem und rechtem Grenzwert einer Funktion an einer Stelle“. Abbildung 1 zeigt schematisch den Aufbau eines eCampus Kurses. Jedem Lernziel sind eine Lernressource und eine oder mehrere Aufgaben zugeordnet. Der Kurs Grundlagen der Differenzial- und Integralrechnung etwa besteht aus sieben Modulen mit insgesamt 182 Lernzielen und enthält 125 Lernressourcen und 213 Aufgaben. (Die Diskrepanz zwischen der Anzahl der Lernziele und der Anzahl der Lernressourcen entsteht dadurch, dass hierarchisch untergeordnete Lernziele der Lernressource des übergeordneten Lernziels zugeordnet werden können.)

Abbildung 1: Schematische Darstellung des Aufbaus eines Kurses des Hanser eCampus. In der Lernzielhierarchie der Module sind jedem Lernziel Ressourcen und Aufgaben zugeordnet.

Die Einheit aus Lernziel, Lernressource und Aufgabe ist aus der Methode des Constructive Alignment bekannt, wir nennen diese Einheit auch ein Lernmolekül ( Abbildung 2 , links). Für Lernressourcen und Aufgaben stehen in der Plattform zahlreiche Formate zur Verfügung; für Lernressourcen etwa Slideshows mit Texten und Formeln, (interaktiven) Grafiken und Animationen sowie Lernvideos; für Aufgaben neben üblichen Formaten wie Multiple Choice, Lückentext, Kategorisieren, Ordnen, Zuordnen, Freitext (mit Handschrifterkennung) und Programmieraufgaben auch ein mächtiges Mathematikaufgaben-Format. Lernziele werden eingeordnet in die Kategorien Core (müssen unbedingt erreicht werden), Pass (ein vorgegebener Prozentsatz dieser Lernziele muss erreicht werden), Excel (müssen erreicht werden für ein hervorragendes Abschneiden) und Extra (bieten Inhalte für zusätzlichen Kompetenzerwerb an).

Abbildung 2: Lernmolekül aus Lernziel, Lernressource und einer oder mehreren Aufgaben (links). Individueller Lernpfad durch die Lernziellandschaft eines Kursmoduls (rechts).

1.2 Adaptivität

Die Kurse des Hanser eCampus Mathematik motivieren und aktivieren die Lernenden durch 1) eine mobile Bearbeitbarkeit, 2) intuitive Bedienbarkeit, 3) Interaktivität und 4) ein dem individuellen Lernstand angepasstes Niveau der Kurse. Die ersten drei Punkte werden in Abschnitt 2 erlebbar werden. Die Anpassung des Kursniveaus an den Lernstand der jeweils lernenden Person fassen wir unter den Begriff der Adaptivität. Das System führt die Lernenden gemäß ihrer Eingaben auf individuellen Lernpfaden durch die Landschaft der Lernziele. Zu Beginn eines Kursmoduls wird der Lernpfad stark durch eine obligatorische Selbsteinschätzung der lernenden Person als Anfänger:in, als fortgeschritten, als kompetent, als erfahren oder als Expert:in bestimmt. Wer sich als eher am Anfang stehend einschätzt, wird zunächst Lernressourcen zum (inter)aktiven Erarbeiten der Inhalte angeboten bekommen. Wer sich eher als erfahren einschätzt, wird direkt Fragen zu den Lerninhalten gestellt bekommen. Im Verlauf des Kurses kommt das System KI-gesteuert zu einer eigenen Einschätzung des Niveaus der lernenden Person. Das System wählt die Inhalte entsprechend dieser Niveau-Einstufung selbsttätig aus (und gibt diese Einschätzung nach erfolgreicher Absolvierung des Moduls als Feedback aus).

Abbildung 2 zeigt rechts die Visualisierung eines solchen Lernpfads durch die Lernziellandschaft eines Kursmoduls, wie sie nach Absolvieren des Moduls auch den Lernenden zur Verfügung gestellt wird. Die Kreise entsprechen den Lernmolekülen eines Kursmoduls (siehe Abbildung 2 , links). Ihr Durchmesser zeigt die Verweildauer am jeweiligen Lernziel an, ihre Füllfarbe das erreichte Kompetenzlevel. Im realen Produkt können Lernende durch Klicken auf die Kreise weitere Informationen zum jeweiligen Lernmolekül abrufen. Sie können hier zum Beispiel zur zugehörigen Lernressource navigieren, um Inhalte nachzuschauen oder gegebenenfalls bestehenden Nachholbedarf (gelb und rot gefüllte Kreise) genauer zu identifizieren.

2 Einblick in den Kurs

Um den digitalen Lebensgewohnheiten der Student:innen zu entsprechen und damit zu einer positiven Lernerfahrung beizutragen, setzen wir mit dem Online-Angebot auf eine mobile und intuitive Bearbeit- und Bedienbarkeit. Eine ausgeprägte Interaktivität der Kursinhalte ermöglicht eine aktive Auseinandersetzung mit den Lerngegenständen. Abbildung 3 zeigt ein Bildschirmfoto einer typischen Lernendenansicht innerhalb eines Kursmoduls. Das Design ist responsiv, das heißt es ist in der Lage sich an die Bildschirme aller gängigen Endgeräte anzupassen. Abbildung 3 zeigt das auf einen Desktop angepasste Design.

Abbildung 3: Bildschirmfoto aus der Demoversion (Desktop-Ansicht).

2.1 Lernendenansicht

Im Zentrum der Lernendenansicht befinden sich die Lerninhalte, also eine Lernressource oder Aufgabe. In Abbildung 3 ist eine Lernressource dargestellt. Diese beispielhafte Lernressource enthält eine grafische Darstellung, mathematische Formeln und zwei Schaltflächen zum Wechseln zwischen zwei in dieser Lernressource behandelten mathematischen Darstellungsformen („explizite“ und „implizite“ analytische Darstellung einer Funktion).

Unter dem Lerninhalt befindet sich ein Navigator durch die Seiten der Lernressource, in diesem Fall drei Seiten. Am unteren Rand des Bildschirms befindet sich die Funktion „Verbesserungsvorschlag“, die auf jeder Seite des Kurses erreichbar ist und damit jederzeit die Möglichkeit zu Feedback bereitstellt.

Links des Lerninhalts ist der Lehrtext zu den Inhalten dargestellt, der mithilfe einer Text-to-speech-Funktion akustisch ausgegeben wird und hier nachgelesen werden kann. Unten links befindet sich der Regler zur Selbsteinschätzung, die Lernende also auch während der Bearbeitung des Moduls jederzeit anpassen kann. Für den Verlauf des Lernpfads wird jedoch mit zunehmender Menge der Interaktionen mit den Inhalten die systemeigene Einschätzung des Niveaus immer relevanter. Das Panel mit dem Lehrtext und der Selbsteinschätzung kann während der Bearbeitung ausgeblendet werden.

Rechts des Lerninhalts befindet sich ein Panel mit manuellen Navigationsmöglichkeiten durch die Modulinhalte sowie Metadaten zum Lernfortschritt. Die manuellen Navigationsmöglichkeiten erlauben Lernenden ein autonomes Ansteuern von Lernressourcen und Aufgaben. Diese Funktion kann (im Educator-Modell, siehe Abschnitt 3 ) konfiguriert oder ganz ausgeschaltet werden. Das gesamte Panel kann während der Bearbeitung ausgeblendet werden.

Die vier Schaltflächen „Wusste ich“, „Jetzt verstanden“, „Unsicher“ und „Nicht verstanden“ fragen zu jeder Ressource oder Aufgabe eine Selbsteinschätzung der lernenden Person ab. Diese Selbsteinschätzung beeinflusst den Weg durch die Lernziellandschaft, stellt aber darüber hinaus Informationen zum Lernstand zusammen, die sowohl der lernenden Person als Rückmeldung dienen, als auch (im Educator-Modell, siehe Abschnitt 3 ) den Dozent:innen zurückgespielt werden können, die den Kurs zur Lernstandserhebung einsetzen.

Die hier beschriebene Lernendenansicht ist über alle Kurse und Ressourcen- und Aufgabenformate hinweg homogen und konsistent, da alle Elemente der Kurse ‚aus einer Hand‘ stammen. Dies minimiert Ablenkungen vom Lerngegenstand durch sich verändernde Orientierungsanker wie Position der Bildschirminhalte, Gestaltung, Typografie und Terminologie.

2.2 Demoversion

Der Verlag stellt auf der im Folgenden verlinkten Webseite eine Demoversion des Kurses Grundlagen der Differenzial- und Integralrechnung bereit. Scrollen Sie auf dieser Webseite nach unten und klicken Sie auf die Schaltfläche „Zur Demoversion“. Zum Login wird eine E-Mail-Adresse benötigt, Ihre Daten werden nicht ausgewertet. Der Verlag sichert DSGVO-Konformität mittels einer umfassenden Datenschutzerklärung zu. Die Demoversion umfasst neun Lernziele aus dem ersten Modul des Kurses, „Funktionen definieren, beschreiben und darstellen“. Wir empfehlen Ihnen, sich bei der Selbsteinschätzung zu Beginn des Kurses nicht stärker als „kompetent“ einzuschätzen, da Ihnen ansonsten, auch aufgrund der Kürze der Demoversion, tendenziell nur sehr wenige der interaktiven Lernressourcen, stattdessen nur die Aufgaben angezeigt werden. Damit wäre Ihre Nutzer:innenerfahrung unvollständig.

Probieren Sie es aus.

3 Einordnung in das Verlagskonzept zur digitalen Unterstützung der ingenieurwissenschaftlichen Lehre

Mit den Mathematikkursen des Hanser eCampus verfolgen wir das Ziel, Basiskompetenzen zu festigen, die Voraussetzung sind für das Bestehen der Mathematik-Prüfungen im Grundstudium ingenieurwissenschaftlicher Studiengänge. Der adaptive Ansatz ist hierfür besonders geeignet, da er es erlaubt, individuell an die sehr unterschiedlichen Ausgangsniveaus der Student:innen anzuknüpfen und sie gleichwohl zuverlässig zum gewünschten Lernniveau zu führen.

Hierfür steht mit Rhapsode™ eine didaktisch und technisch avancierte und ausgereifte Plattform zur Verfügung. Ihren Ursprung hat sie in den neunziger Jahren, als sie zunächst für die Ausbildung vor allem im medizinischen Bereich entwickelt wurde. Rhapsode™ beziehungsweise Vorgänger-Versionen der Plattform wurden an zahlreichen Hochschulen weltweit eingesetzt, vielfach in Verbindung mit Lehrbuch-Inhalten des US-amerikanischen Bildungsverlags McGraw-Hill. Das hinter Rhapsode™ stehende Unternehmen Area9 hat seinen Hauptsitz in Kopenhagen; finanziert wird die Weiterentwicklung der Plattform vor allem mit Mitteln des dänischen Staatsfonds. Kürzlich hat Area9 die Ausschreibung der Kultusministerkonferenz für einen groß angelegten Modellversuch zum Einsatz von Adaptivem Lernen an deutschen Schulen gewonnen; Rhapsode™ wird nun an Schulen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen getestet.

Damit stützt sich der Hanser eCampus auf eine technologisch weit entwickelte, mächtige und stabile Plattform, in deren Ausbau auch weiterhin stark investiert wird. Obwohl sie über alle Funktionen moderner Lernmanagementsysteme (LMS) verfügt, steht ihre Nutzung nicht im Widerspruch zum Einsatz verbreiteter Systeme wie Moodle oder ILIAS: Die Kurse des Hanser eCampus lassen sich per LTI oder Scorm in das an der jeweiligen Hochschule genutzte LMS einbetten, sodass Dozent:innen und Student:innen sich auf die gewohnte LMS-Umgebung stützen können.

Der Hanser eCampus wird in zwei Modellen angeboten:

  • Das Learner-Modell ohne Zugang, Betreuungsaufwand und Auswertungsmöglichkeiten für Dozent:innen. Den Lernenden muss für den Zugang zu den Kursen lediglich ein Link zur Verfügung gestellt werden.

  • Das Educator-Modell mit Administratorenzugang für Dozent:innen. Diese können damit einerseits Klassen in gewünschter Größe und Anzahl einrichten und Aufgaben in der Klasse individuell zuweisen, ergänzen und anorden. Andererseits erhalten sie zahlreiche Möglichkeiten zur detaillierten Auswertung der individuellen Lernerfolge. Dieses Modell macht zum einen die vielfältigen von der Plattform gebotenen Möglichkeiten zur Anpassung an spezielle Anforderungen nutzbar. Zum anderen bietet es Zugang zu einem einsatzfähigen Lehr-/Lernwerkzeug ohne technische und didaktische Eigenleistung der nutzenden Hochschule.

Der Verlag sichert für beide Modelle die gebotene Datenschutzkonformität zu.

Im Rahmen des Hanser eCampus Mathematik werden in der ersten Hälfte des Jahres 2022 noch ein Vorkurs (zur Auffrischung und Festigung der Kompetenzen zum Einstieg ins Studium) und ein Kurs zur Linearen Algebra erscheinen. Neben den Kursen zur Mathematik bereitet der Verlag im eCampus adaptive Kurse zu weiteren Grundlagenfächern des ingenieurwissenschaftlichen Studiums vor. Ziel ist es, die Vorzüge des adaptiven Ansatzes für die Vermittlung von Basiswissen und die Festigung von Basiskompetenzen einzusetzen, um die Dozent:innen dabei zu unterstützen, ein sicheres Fundament für die weitere Ausbildung zu schaffen. Im Fokus der Entwicklung stehen die Standard-Prüfungsfächer im Grundstudium der Studiengänge Maschinenbau, Elektrotechnik und Informatik. Unter anderem sind Kurse zu praktischen Anwendungen verbreiteter Programmiersprachen geplant.