1. Einleitung

Die Grundsteine für unsere derzeitige mobile Medienlandschaft wurden schon sehr viel früher gelegt, als den meisten Anwendern wohl bekannt ist. Bereits 1981 kam der Osborne 1 auf den Markt, der mitunter als der erste Laptop der Welt angesehen wird (Kremp, 2011). Zwei Jahre später folgte - als erstes Handy der Welt - das Motorola DynaTAC 8000X (Patalong, 2008). Allerdings hatten diese Geräte noch entscheidende Nachteile, die Gedanken an ein mobiles Lernen mit solchen Geräten noch weitgehend ausschlossen. Z. B. war der Preis damals noch vergleichsweise hoch und mobil waren die Geräte schon alleine deshalb nicht wirklich, da sie einerseits zu schwer waren und andererseits auch die Akkulaufzeit zu wünschen übrig ließ. So betrug das Gewicht des Osborne 1 stattliche 11,1 kg, der Preis lag bei etwa 1.795 $ (Kremp, 2011). Das Motorola DynaTAC 8000X kostete gar ca. 3.995 $, wog ganze 0,8 kg und hatte eine maximale Akkulaufzeit von gerade mal 30 Minuten (Patalong, 2008).

Seither ist im Bereich der Technik viel passiert. Die Geräte wurden leichter, leistungsfähiger, preiswerter und hielten schließlich in das ganz normale Alltagsleben Einzug, wo sie mittlerweile auch einen bedeutenden Stellenwert eingenommen haben. Insofern ist es auch kaum verwunderlich, dass irgendwann die Idee aufkam, mobile Computermedien als Lernmedien in Lehr-Lernprozesse einzubinden. Und schließlich wurde M-Learning zu einem Forschungsbereich, der immer mehr an Bedeutung gewann (Traxler, 2009). Durch staatlich geförderte Projekte wurden beispielsweise an Hochschulen Strukturen geschaffen, die ein mobiles Lernen auf dem Campus erst ermöglichen und die bis heute die technische Infrastruktur prägen. Auf Grund des hohen Einflusses der Technik auf die Entstehung des Forschungsgebiets M-Learning ist es gut nachvollziehbar, dass es Angehörige von technischen Disziplinen waren, die als erste in diesem Themenbereich forschten, wobei pädagogisch-psychologische und didaktische Aspekte eher im Hintergrund standen (Frohberg, 2008). Das in Folge dessen bestehende Forschungsdefizit sollte aus didaktischer Sicht in jedem Fall ausgeglichen werden, wenn man bedenkt, dass die Didaktik ja die Lehre vom Lehren und Lernen ist und nicht etwa die Lehre vom Lernmedium. Um den Ausgangspunkt deutlich zu machen soll der Forschungsstand M-Learning im Folgenden dargestellt werden. Dies soll unter Einbeziehung der technischen Aspekte aber mit dem Fokus auf didaktisch orientierte Theorien und Konzepte geschehen, um Defizite und Forschungsperspektiven im Bereich der Lehr-Lernforschung aufzuzeigen.

2. Mobile Learning – Begriffsbestimmung

Eine einheitliche Definition des Begriffs Mobile Learning, mLearning oder auch M-Learning, dessen Geschichte Mitte der 1990 seinen Anfang nahm (Pachler, Bachmair, & Cook, 2010), wird man in der Literatur vergeblich suchen, insbesondere deshalb, weil sich ein Gesamtkonzept M-Learning erst noch entwickeln muss (Traxler, 2009). Dies ist auch dem Umstand geschuldet, dass M-Learning aus verschiedenen interdisziplinären Perspektiven betrachtet wurde und auch immer noch betrachtet wird. Pachler et al. (2010) beschreiben in diesem Zusammenhang drei verschiedene aufeinanderfolgende Phasen: Zuerst standen die mobilen Geräte im Vordergrund, dann das Lernen außerhalb von Bildungseinrichtungen und schließlich rückte der Lerner in den Fokus der Betrachtung. Auf eine Bewertung der einzelnen Sichtweisen, die häufig eng mit der jeweiligen Disziplin zusammenhängen, kann an dieser Stelle getrost verzichtet werden. Für M-Learning als Ganzes kann weder die Technik noch das Lernen ignoriert werden und da es den technischen Disziplinen oft an dem nötigen Knowhow in puncto Lehr-Lernprozesse und demgegenüber den pädagogisch-psychologischen, didaktischen Disziplinen meist an dem notwendigen Kenntnissen bezüglich der Technik fehlt, ist ein Hand-in-Hand der verschiedenen Disziplinen wünschenswert und erforderlich.

Wie nun den Begriff aus pädagogisch-psychologischer bzw. didaktischer Sicht definieren? Quinn beschrieb vor etwas mehr als zehn Jahren M-Learning als „eLearning through mobile devices“ (Quinn, 2000, S. 1). Diese Aussage ist für sich nicht unproblematisch, da auch der Begriff eLearning (oder E-Learning) bisher nicht eindeutig definiert ist. Abgesehen davon bedeutet diese Aussage nicht (wie man vielleicht auf den ersten Blick vermuten könnte), dass deshalb automatisch für alle mobilen und nicht mobilen technischen Endgeräte dieselben Rahmenbedingungen und Regeln gelten. Das unterstreicht auch Quinn (2008) mit der Feststellung, dass die Gleichsetzung von M-Learning mit eLearning LiteTM eine „Mythconception“ (Quinn, 2008, S. 2) sei. Allerdings geht es im Wesentlichen auch bei M-Learning um die Unterstützung von Lernen und Performance (Quinn, 2008). Dieser Gedanke lässt sich auch aus einer Definition von Frohberg (2008) ableiten:

Als Mobile Learning werden pädagogisch motivierte, nachhaltige Handlungen (Lernen, Lehren, Lernunterstützung und Lernlogistik) angesehen, wenn dabei in massgeblichem Umfang mobile Computertechnologie in mobilen Kontexten zum Einsatz kommt und diese einen deutlichen Mehrwert beinhaltet oder zumindest eine signifikante Verhaltensänderung bewirkt (Frohberg, 2008, S. 6).

Insofern wäre das Ziel von M-Learning ein deutlicher Mehrwert, wobei dieser im Hinblick auf den hier gewählten Fokus in jedem Fall ein didaktischer sein muss. Was aber ist ein didaktischer Mehrwert? Als Grundannahme sei hier festgelegt, dass ein didaktischer Mehrwert mit einer Steigerung der didaktischen Qualität gleichzusetzen ist. Diese didaktische Qualität kommt nach Kerres, de Witt und Stratmann (2002) dann zustande, wenn ein Bildungsproblem durch den Medieneinsatz angemessen adressiert ist. Dabei sollen didaktische Medien (in diesem Fall die mobile Computertechnologie) dazu beitragen, Bildungsprobleme zu lösen, bzw. Bildungsanliegen umzusetzen (Kerres et al, 2002). Erwartungen, die in diesem Zusammenhang häufig gestellt werden, sind eine Steigerung der Lernmotivation, eine Steigerung des Lernerfolgs und eine Steigerung der Effizienz (Kerres, 2012). Diese drei Punkte werden im Rahmen des Kapitels Empirische Forschung zum didaktischen Mehrwert von M-Learning in formalen Bildungskontexten (s. u.) nochmals aufgegriffen. Dabei sind im Wesentlichen drei Einflussgrößen zu berücksichtigen: pädagogisch motivierte, nachhaltige Handlungen, also insbesondere Lernen und Lehren (s. u.), mobile Computertechnologie, wobei hier der didaktischen bzw. pädagogisch-psychologischen Ausrichtung dieses Textes Rechnung tragend, von mobilen, auf Computertechnik basierenden Lernmedien (s. u.) die Rede sein soll und mobile Kontexte (s. u.).

2.1. Mobile, auf Computertechnik basierende Lernmedien

Nach obiger Definition werden hier ausschließlich computertechnische Medien berücksichtigt, auch wenn es in der Literatur durchaus andere Auffassungen gibt (z. B. Wali, Winters, & Oliver, 2008). Denkbar wäre es beispielsweise, gedruckte Bücher, Handouts, etc. ebenfalls als mobile Medien zu sehen und damit für den Begriff M-Learning einzuschließen. Für den Ausschluss spricht aber insbesondere, dass die Debatte um M-Learning und die sich daraus abgeleitete Entwicklung des Forschungsfeldes historisch gesehen durch die Entwicklungen im Bereich der mobilen Computertechnik ausgelöst wurden.

Die Anzahl der mobilen Endgeräte ist mittlerweile fast unüberschaubar groß. Allerdings können die Einzelgeräte in der Regel bestimmten Gruppen von mobilen Endgeräten zugeordnet werden. Ein guter Überblick dazu findet sich beispielsweise bei Quinn (2011). Nach Quinn (2012) haben alle mobilen Endgeräte mehr oder weniger ausgeprägt die folgenden Gemeinsamkeiten: Sie verfügen über einen Prozessor und einen Speicher, über ein Betriebssystem, was die Nutzung bestimmter Programme (Applikationen/Apps) ermöglicht, sowie über diverse Schnittstellen. Letztere erlauben dem Benutzer eine orale oder manuelle Eingabe von Daten (Input) und dem Gerät, Daten/Inhalte an den Benutzer visuell, auditiv oder haptisch auszugeben. Außerdem ist das Gerät durch verschiedene Schnittstellentechnologien (wie z. B. Bluetooth oder WiFi) mit der digitalen Welt verbunden, wodurch ein Datentransfer in diese und aus dieser digitalen Welt möglich ist. Zusätzlich eingebaute Peripheriegerate (wie z. B. Kamera oder Microphon) ermöglichen es, die Umgebung des Gerätes auf unterschiedliche Art und Weise aufzunehmen (Quinn, 2012). Zu den angesprochenen Gruppen mobiler Endgeräte zählen u. a. Mobiltelefone, PDAs (Personal Digital Assistants), Laptops/Notebooks, PMPs (Portable Multimedia Players), Netbooks, Smartphones und Tablet-PCs.

Zusätzlich gibt es hier noch einen Sonderfall, der u. a. durch folgende Aussage von Mitschian (2010) deutlich wird:

Im Kern ist es […] unerheblich, ob die Geräte selbst mobil sind, oder ob dies nur auf die Lernenden zutrifft, die über an verschiedenen Orten fest installierte Geräte auf ihre Lernmedien und -werkzeuge zugreifen. Notwendige Voraussetzung dafür ist aber, dass die Geräte über eine hinreichend stabile Verbindung ins Internet verfügen (Mitschian, 2010, S. 17).

Demnach sollen hier auch stationäre PCs als mobile computertechnische Endgeräte angesehen werden, sofern diese beispielsweise in eine Cloud eingebunden sind und dem Lerner dadurch einen mobilen Zugriff auf Lernmaterialien, etc. ermöglichen.

Beim Einsatz von Medien als Lehr-/Lernmedien beeinflussen die Medienmerkmale den Lehr-Lernprozess (Stiller, 2001; Schnotz, Seufert, & Bannert, 2000). Demzufolge beeinflussen auch die eben vorgestellten Merkmale (neben den spezifischen Merkmalen des jeweiligen Gerätes) den M-Lehr-Lernprozess. So haben die Merkmale des Lernmediums z. B. Einfluss auf die Lerneraktivitäten (Stiller, 2001).

2.2. Mobile Kontexte

„All activity is performed in context“ (Sharples, Taylor, & Vavoula, 2008, S. 230). Die Bedeutung des Kontextes - nicht nur im Zusammenhang mit M-Learning - dürfte unumstritten sein. Insofern ist es auch kaum verwunderlich, dass in der Literatur häufig der Kontext als wesentliche Komponente des Mobile Learning herausgestellt wird (Sharples, et al., 2008; Frohberg, 2008; Frohberg, Göth & Schwabe, 2009; Naismith, Lonsdale, Vavoula, & Sharples, 2004; Pachler, et al., 2010). Mit mobilen Kontexten meint Frohberg (2008) diejenigen Kontexte, in denen der Lerner mobil im Sinne einer gewissen Flexibilität ist, also entweder selbst oder durch ein Fortbewegungsmittel (z. B. Bahn oder Bus) seinen Standpunkt ändert oder in einem Klassenzimmer, Seminarraum, Vorlesungssaal, etc. flexibel auf Inhalte zugreifen kann, wo ihm sonst keine Computertechnik zur Verfügung gestanden hätte. Frohberg (2008) unterscheidet im Zusammenhang mit M-Learning insgesamt vier verschiedene mobile Kontexte, wobei die Komplexität in der folgenden Reihenfolge, ebenso wie auch die Relevanz des Kontextes, zunimmt (s. auch Frohberg et al., 2009): Weist der Kontext im Zusammenhang mit dem Lerngegenstand keine direkte Relevanz auf, so handelt es sich um einen irrelevanten Kontext. Dieser Kontext ist grundlegend für die Annahme eines - zumindest weitgehend - zeit- und/oder ortsunabhängigen Lernens. Findet Lernen kollektiv in einer Bildungseinrichtung statt, also z. B. in einem Klassenzimmer, in einem Vorlesungssaal oder einem Seminarraum, so wird dies als formalisiertes Lernen bezeichnet. Ist der Kontext selbst mit dem Lerninhalt verknüpft und hat insofern für das Lernen selbst eine große Bedeutung, so spricht man von einem physischen Kontext. Hinzu fügt Frohberg (2008) noch den sozialisierenden Kontext. Dieser schließt „die immaterielle Dimension des Umgebungskontextes“ (Frohberg, 2008; S. 43) mit ein. Lernen findet in Interessengruppen statt. Lernerfahrungen werden mit (Alltags-)Situationen, Beziehungen, Einstellungen, Interpretationen, Emotionen, etc. verknüpft (Frohberg, 2008). An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass eine niedrige Relevanz des Kontextes im Zusammenhang mit dem Lerngegenstand nicht mit einer niedrigen Relevanz des Kontextes für den Lernprozess gleichzusetzten ist. So kann ein wie oben beschriebener irrelevanter Kontext zwar durchaus nichts mit dem Lerngegenstand zu tun haben, allerdings den Lernprozess an sich durch verschiedene Faktoren beeinflussen.

2.3. Lehren und Lernen

Lernen und Lehren können berechtigterweise als zwei Pole eines Lehr-Lernprozesses gesehen werden. Klauer (1973) verweist allerdings auf die Notwendigkeit, zunächst die Begriffe getrennt voneinander zu betrachten:

Was uns pädagogisch interessiert, ist doch, wie die Tätigkeiten des Lehrens und die Effekte beim Lernenden zusammenhängen – anders ausgedrückt: die funktionale Beziehung zwischen Lehren und Lernen. Um dies zu studieren, ist es notwendig, zunächst sowohl das Lehren als auch das Lernen unabhängig voneinander zu erfassen und anschließend die Art der Beziehung zwischen beiden Veränderungsreihen zu klären“ (Klauer, 1973, S. 20).

Diesem Rat folgend werden nachfolgend die zwei Komponenten separat behandelt.

Lernen kann definiert werden als ein aktiver (s. o.) […] und konstruktiver Prozess (Shuell, 1986), der sich zusammensetzt aus einer Informationsaneignung (Adler, 1940), die entweder instruiert, d. h. durch einen Lehrenden angeleitet (Lernen mit hoher Fremdkontrolle) oder selbstgesteuert (Lernen mit hoher Eigenkontrolle) erfolgt, und einer Informationsverarbeitung bzw. Wissensaneignung (Adler, 1940) die beim Lernenden eine relativ dauerhafte Veränderung seines kognitiven Systems zur Folge hat (Graesser, Millis, & Zwaan, 1997; Bannert, 2007). Dabei kommen Lernstrategien zum Einsatz, womit „jene Verhaltensweisen und Kognitionen [gemeint sind], die vom Lernenden aktiv zum Zweck des Wissenserwerbs eingesetzt werden“ (Wild, 2010, S. 479). Mit Bezug auf die Möglichkeit des Lernens durch Entdecken sei an dieser Stelle darauf verwiesen, dass M-Learning, genau wie auch E-Learning, zwar durchaus bis zu einem gewissen Grad selbstgesteuert sein kann, dass aber nahezu immer ein oder mehrere Lehrende damit verknüpft sind. Dies folgt daraus, dass der Mobile-Space rein virtuell ist und Texte, Bilder, Videos etc. in der Regel von einer Person erstellt worden sein müssen, d. h. mehr oder weniger allgemein adressierte und damit absichtlich oder unabsichtlich an den Lernenden gerichtete Kommunikate/Informationen sind. Sobald diese Kommunikate/Informationen Lernvorgänge beeinflussen, wird der Autor qua definitione zu einem Lehrenden (s. u.). Die Komponente Lernen bringt mit sich, dass auch Lerntheorien im Rahmen des Mobile Learning eine wichtige Rolle spielen. Naismith et al. (2004) beispielsweise nutzen bestehende Lernparadigmen (als Alternative zu beispielsweise einer Klassifizierung nach unterschiedlichen Medien) als Raster um verschiedene M-Learning Projekte zu klassifizieren (activity-based categorisation). Sie unterschieden dabei zwischen behavioristischem Lernen, konstruktivistischem Lernen, situiertem Lernen, kollaborativem Lernen, informellem und lebenslangem Lernen sowie Unterstützung des Lernens und Lehrens (Naismith et al., 2004). Dem fachkundigen Leser dürfte klar sein, dass diese Bereiche nicht trennscharf voneinander abgegrenzt werden können und es auch schwierig sein dürfte, Projekte eindeutig zuzuordnen. Insofern ist es fraglich, ob diese Kategorisierung nicht etwas unglücklich gewählt ist. Möglicherweise wäre es sinnvoller, die Projekte nach bestimmten Gruppen von Bildungsanliegen (s. u.) zu unterscheiden.

Dem Lernen gegenüber steht das Lehren. „Mit Lehren werden alle Tätigkeiten zusammenfassend bezeichnet, von denen begründet zu vermuten ist, dass sie Lernvorgänge beeinflussen“ (Klauer, 1973, S. 27). Dies bedeutet nicht, dass diese Tätigkeiten absichts- oder wirkungsvoll sein müssen (Klauer, 1973), obwohl einige Autoren die Absicht explizit als Definitionsmerkmal herausstellen (z. B. Stiller 2001). Insbesondere im Zusammenhang mit absichtsvollen Handlungen bedeutend sind Lehrstrategien, also „mehr oder weniger komplexe, unterschiedlich weit generalisierte bzw. generalisierbare, bewusst oder auch unbewusst eingesetzte Vorgehensweisen zur Realisierung von Lehrzielen“ (Lompscher & Giest, 2010, S. 437).

Durch die Komponente Lehren rücken – insbesondere, wenn man nun nach der gesonderten Betrachtung die Beziehung zu Lernen mit einbezieht – u. a. auch Instruktionsdesigntheorien, die besonders im Bereich des multimedialen Lernens eine bedeutende Rolle spielen (Niegemann, Domagk, Hessel, Hein, Hupfer, & Zobel, 2008) in den Fokus der Betrachtung. Insofern scheint es auch ein nachvollziehbarer und vielversprechender Ansatz zu sein, die Aufgaben des Instruktionsdesigns, beispielsweise in Form des ADDIE-Modells, auch auf Mobile Learning zu übertragen. Demnach wären die Aufgaben im Rahmen eines M-Learning-Szenarios ebenfalls Analyse, Konzeption (Design), Entwicklung (Develop), Implementierung und Evaluation (Niegemann et al., 2008). Gerade für die Analyse, sozusagen als Grundlage für die Planung und letztendlich auch für die Evaluation, ist eine theoretische Modellvorstellung in Form eines Rahmenkonzeptes hilfreich, die nach Möglichkeit alle Einflussfaktoren eines M-Learning-Szenarios berücksichtigt.

Nachfolgend werden vier solche Modelle vorgestellt, die speziell für Mobile Learning entworfen wurden. Eine kritische Betrachtung soll Aufschluss darüber geben, wo Stärken und Schwächen der Modelle liegen, wonach dann aus den gewonnenen Erkenntnissen ein eigenes M-Learning-Rahmenmodell kreiert werden soll.

3. Rahmenmodelle für die Analyse (/Evaluation) von Mobile Learning

3.1. A framework for analysing mobile learning (Sharples et al., 2005, 2008)

Sharples, et al. (2005, 2008) gründen ihr Rahmenmodell für Mobile Learning auf ein Modell von Engeström (1987) und beschreiben insgesamt sechs Komponenten, die im Zusammenhang mit M-Learning als einzelne Größe und in ihrer Beziehung untereinander berücksichtigt werden müssen: Subject, Object, Mediating artefacts, Control, Context und Communication. Im oberen Bereich befinden sich Subject, welches den Lernenden repräsentiert, Object, welches als Lernziel zu verstehen ist und Mediating artefacts, die die Tools/Lernmedien repräsentieren, die zur Erreichung des Lernziels notwendig sind. Im unteren Bereich finden sich die drei Einflussgrößen, die für das didaktische/methodische Vorgehen beachtet werden müssen: Control steht für die Steuerung des Lernprozesses, Context für den Lernkontext und Communication für die Kommunikation zwischen Lehrer und Lerner und/oder Lerner und Lernmedium und/oder Lernern untereinander (Sharples, et al., 2005, 2008). Das Modell berücksichtigt durch die Gegenüberstellung von Technik und Semiotik sowohl eine technische als auch eine didaktische Sichtweise von M-Learning (Sharples, et al., 2005, 2008), was als positiv hervorzuheben ist, da bereits erläutert wurde, dass beide Aspekte für eine umfassende Analyse von M-Learning bedeutsam sind. Dabei ist zu beachten, dass die technische Ebene und die semiotische Ebene getrennt voneinander aber auch miteinander betrachtet werden können, um einerseits unterschiedliche Disziplinen bezüglich ihrer Sichtweise bzw. ihres Anliegens zu bedienen und andererseits auch das Zusammenspiel zwischen Mensch und Technik zu beschreiben (Sharples, et al., 2005, 2008).

Frohberg (2008) nutzte das vorgestellte Modell als Problemrahmen für M-Learning im physischen Kontext, merkt dabei aber die Notwendigkeit einer weiteren Ausarbeitung und Operationalisierung des Modells an, da der Gestaltungsraum für einzelne Items bis dahin noch relativ offen gelassen wurde. Pachler, et al. (2010) bewerten allerdings den Abstraktionsgrad des Modells als zu hoch für eine Operationalisierbarkeit, und stellen somit den Wert für Politik und Praxis in Zweifel. Außerdem ist hier anzumerken, dass das Modell klar den Lernprozess fokussiert, wodurch das Lehren bzw. der Lehrende etwas in den Hintergrund rückt.

3.2. Framework for analysing mobile learning (Wali, et al., 2008)

Das Konzept von Engeström (1987) wurde auch von anderen Autoren aufgegriffen. Wali et al. (2008) begegnen der Problemstellung allerdings von einer andern Sichtweise aus, weshalb ihr Modell auch andere Bezeichnungen trägt, als das zuvor skizzierte. Dieses Modell basiert auf der Idee des „context crossing“ (Wali, et al., 2008, S. 48). Dabei wird Kontext verstanden als der Ort, an dem sich der Lerner befindet und der aufgrund seiner Eigenschaften das Lernen beeinflusst. Hier ist die Örtlichkeit, also der Kontext - mit allen gerade verfügbaren technischen oder nichttechnischen Medien - das Tool, durch das Mobile Learning ermöglicht wird. Der soziale Kontext, der hier durch Rules, Community und Division of labour repräsentiert wird, kann sich mit einem Wechsel der Location verändern, oder aber auch unverändert bleiben (Wali, et al., 2008). Dies ist ein großer Unterschied zu dem Model von Sharples et al. (2005, 2008), das den physischen und den sozialen Kontext unter einem Punkt zusammen-fasst.

Allerdings sehen Pachler et al. (2010) hier ebenfalls Mängel, weil auch dieses Modell nicht in der Lage ist, ein umfassendes Verständnis von M-Learning zu vermitteln. Außerdem kommt noch hinzu, dass, wie auch schon im vorhergehenden Modell, hier nicht der Lehr-Lernprozess als Ganzes im Mittelpunkt der Betrachtung steht, sondern lediglich der Lernprozess, wodurch Lehren und der Lehrende wieder in den Hintergrund rücken.

3.3. Structures, Agency, Practices (Pachler et al., 2010)

Pachler et al. (2010) gehen aus einer sozialen, kulturellen und ökologischen Perspektive heraus davon aus, dass der Bereich M-Learning von der Dreiecksbeziehung zwischen sozialen und kulturellen Strukturen, kulturellen Praktiken und dem Handeln der Mediennutzer/Lerner bestimmt wird. Ihr Modell weist daher auch die drei Komponenten Agency, Structures, und Cultural Practices auf, die untereinander verbunden sind und sich wechselseitig beeinflussen. Agency steht für die Handlungen bzw. den Habitus der Mediennutzer bzw. Lerner, Structures für die sozialen, kulturellen und technischen Strukturen und Cultural Practices für die kulturellen Praktiken in einer Gesellschaft. In ihrem Modell werden die drei Größen (Structures, Agency, Cultural Practices) durch Kreise dargestellt, die in einem Dreieck angeordnet sind. Das Dreiecksmodell verzichtet ganz bewusst auf eine hierarchische Struktur und kann im oder gegen den Uhrzeigersinn gelesen werden, wobei ein Startpunkt nicht festgelegt ist. Prinzipiell kann also die Betrachtung von jeder der drei Einflussgrößen ausgehend begonnen werden (Pachler et al., 2010).

Unter Zugrundelegung dieser Sichtweise stellen Pachler et al. (2010; s. auch Bachmair, Risch, Friedrich, & Mayer, 2011) vier didaktische Parameter für die Analyse und Planung von M-Learning auf, die den Raum der Schule mit dem Raum des vorherrschenden Mobilitätskomplexes verbinden:

  1. (Parameter A / 1) Learning sets / Lehr- und Lernform,

  2. (Parameter B / 2) Relationship to the object of learning / Verhältnis zum Lerngegenstand

  3. (Parameter C / 3) Institutional emphasis on expertise / institutioneller Schwerpunkt des Lernens

  4. (Parameter D / 4) Modes of representation / Medien und Darstellungsformen.

Die Parameter weisen auf einer horizontalen Achse, die die soziale und kulturelle Enttraditionalisierung repräsentiert, zwei unterschiedliche Pole auf, nämlich die Schule einerseits und den Raum des Mobilitätskomplexes andererseits, wobei diese zueinander ins Verhältnis gesetzt werden. Dem ersten Pol werden dabei u. a. die Attribute „traditionell“ und „statisch“ zugeschrieben, während der gegenüberstehende zweite Pol als “flexibel“ und „den aktuellen Entwicklungstrends entsprechend“ gekennzeichnet ist. Parameter A/1: Learning sets (Lehr- und Lernform) steht für alle denkbaren Möglichkeiten der Anordnung der Einzelbestandteile des Lernarrangements bzw. des Lernprozesses. Zu diesen Einzelbestandteilen zählen Lehrende, Lernende, Lernumgebungen, Lernmedien, etc. Die Pole des ersten Parameters sind Practice of the school/Schulpraxis und Practices of mobile media/Alltagsnutzung des Handys. Parameter B/2: Relationship to the object of learning beschäftigt sich mit dem Lerngegenstand bzw. der Beziehung des Lerners zum Lernobjekt. Der erste Pol Mimetic reproduction meint Lernen im Sinne einer Reproduktion bzw. einer 1:1 Abbildung des Lerngegenstandes während der zweite Pol Personal reconstruction Lernen im Sinne eines Verstehens durch subjektive Rekonstruktion des Lerngegenstandes beinhaltet. Parameter C: lnstitutional emphasis on expertise meint den institutionellen Schwerpunkt des Lernens. Auf der einen Seite steht der Lehrplan (School curriculum) und demgegenüber die subjektive Expertise der Lernenden (Personal expertise). Im Rahmen des Parameter D: Modes of representation werden bezüglich der Vermittlungsmodi bzw. Darstellungsmodi die Pole Discrete (mono media. mono modal) und Convergent gegenübergestellt, was auf der einen Seite eine isolierte und lineare Darstellung meint, während sich die neuen (mobilen) Medien auf der anderen Seite vor allem durch eine hohe Konvergenz auszeichnen (Pachler, et al., 2010; Seipold & Pachler, 2011; Bachmair, et al., 2011). Die folgende Abbildung visualisiert das vorgestellte Parametermodell.

Abbildung 1: Eigene Darstellung der didaktischen Parameter von Pachler et al. (2010)

Um aufzuzeigen, wie sich diese auf den ersten Blick sehr abstrakten und komplexen Überlegungen im Schulalltag umsetzen lassen, wurde das Model von Pachler et al. (2010) im Rahmen eines Schulversuches operationalisiert und zwar mittels der in der Tabelle 1 vorgestellten Eckpunkte einer Didaktik des mobilen Lernens (Bachmair et al, 2011).

Das Modell von Pachler et al. (2010) fußt im Gegensatz zu den bisher vorgestellten Modellen auf einer Makroebene. Dies ist einerseits positiv hervorzuheben, weil Mobile Learning dadurch in einen größeren gesellschaftlichen Zusammenhang gestellt wird. Andererseits aber rücken dadurch Merkmale der Mikroebene aus dem Fokus der Betrachtung und damit auch der eigentliche Lehr-Lernprozess. So ist hier die Intention bzw. der Grund für den Einsatz der mobilen Computertechnologie nicht etwa ein didaktischer Mehrwert, also das, was als Ergebnis herauskommen soll, sondern vielmehr Veränderungen auf der Makroebene. Hier stellt sich also die Frage, ob mobile Computertechnologie auch dann zum Einsatz kommen sollte, wenn hieraus kein didaktischer Mehrwert entsteht? Aus der pädagogisch-psychologischen und didaktischen Sichtweise dieses Artikels heraus ist dies in jedem Fall zu verneinen.

(Allgemeine Ziele und) Begründung des mobilen Lernens

Liste der Eckpunkte zur Didaktik

Liste der Eckpunkte zu den technischen Funktionen des Handys

  1. Warum? Mobiles Lernen ist die didaktische Antwort auf die veränderte Medien- und Lernkultur vieler Kinder und Jugendlicher

  1. Wie? Die Strukturmerkmale des mobilen Lernens

  1. Womit? Die multimediale Funktionsvielfalt des Handys als mobiler Mini-Computer und Schnittstelle der Medienkonvergenz

1.1. Die neue dominante Medienkultur des Alltags: individualisiert, mobil und konvergent

1.2. Zunehmende Bedeutung informellen Lernens und abnehmende Reichweite schulischen Lernens

2.1. Mit dem Handy informelles Lernen in die Schule integrieren

2.2. Mit dem Handy Episoden situierten Lernens schaffen

2.3. Mit dem Handy Lern- und Medienkontexte generieren

2.4. Mit dem Handy Kommunikationsbrücken und Kommunikationsketten schaffen

2.5. Mit dem Handy die Schülerinnen und Schüler als Experten ihres Alltagslebens in der Schule individuell aktiv werden lassen

2.6. Mit dem Handy sensible Entwicklungs- und Lernkontexte schaffen

3.1. Persönliche und ständige Verfügbarkeit

3.2. Aktive Medienfunktionen für Video, Foto, Audio / Musik

3.3. Anwendungen für die Alltagsorganisation: Kalender, Wecker und Navigation

3.4. Hohe Speicherkapazität für vielfältige Darstellungsformen

3.5. Zugang zu einer vielfältigen persönlichen Kommunikation (SMS, MMS, Telefon)

3.6. Zugang zum Internet mit dessen spezifischer Kommunikation und dessen Informations- und Medienarchiven sowie zu anderen Schnittstellen wie dem interaktiven Whiteboard

Tabelle 1: Eckpunkte einer Didaktik des mobilen Lernens nach Bachmair et al (2011)


3.4. The Framework for the Rational Analysis of Mobile Education (FRAME) (Koole, 2009)

Koole (2009) geht davon aus, dass für M-Learning vier Einflussgrößen entscheidend sind: Der Device Aspect (D), der Learner Aspect (L) und der Social Aspect (S), durch welche ein M-Learning Szenario definiert ist, sowie der Information Context, in welchem das M-Learning-Szenario stattfindet. Im ihrem FRAME-Modell werden die drei erstgenannten Größen als gleich große Kreise eines Venn-Diagramms dargestellt: Der Bereich um das Venn-Diagramm herum ist der Information Context. Bereiche, bei denen sich zwei Kreise überlappen, betreffen beide durch die jeweiligen Kreise symbolisierten Aspekte. Das Zentrum des Venn-Diagramms, also der Bereich, in welchem sich alle drei Kreise überlappen und somit der Konvergenzbereich für die drei Größen ist Mobile Learning (DLS). Koole (2009) sieht im Zentrum des Venn-Diagramms ein effektives M-Learning-Szenario, das durch ausreichende Berücksichtigung aller drei Aspekte (Device Aspect (D), Learner Aspect (L) und Social Aspect (S)) und auch der Schnittstellen zustande kommt. Dazu können Leitfragen verwendet werden, die jeweils den einzelnen Aspekten und Schnittstellen zugeordnet sind. Diese Leitfragen sollen zum einen bei der Entwicklung nützlich sein, um ein effektiveres M-Learning-Szenario gestalten zu können und zum anderen zur Evaluation verwendet werden, um die Effektivität von M-Learning-Szenarien zu beurteilen (Koole, 2009). Im Folgenden werden die nach Koole (2009) zu berücksichtigenden Aspekte und die erwähnten Schnittstellenbereiche kurz vorgestellt. Die zugehörigen Leitfragen sind in Tabelle 2 dargestellt.

Unter den Device Aspect (D) fallen die physischen, technischen und funktionalen Eigenschaften des jeweiligen mobilen Endgereräts (Koole, 2009). Das Gerät sollte möglichst benutzerfreundlich sein, schon alleine, um den Lernenden nicht durch die Handhabung des Geräts vom eigentlichen Lernen abzulenken. Diese Benutzerfreundlichkeit (Usability) bezieht sich auf den Bereich Device Usability (DL), der sowohl den gerade erwähnten Device Aspect (D), als auch den Learner-Aspect (L) betrifft (Koole, 2009). Dieser Learner Aspect (L) steht für die kognitiven Fähigkeiten eines Individuums, Gedächtnis, Vorwissen, Emotionen und mögliche Motivationen, also kurz gesagt für die jeweiligen Lernermerkmale (Koole, 2009). Der Social Aspect (S) repräsentiert den Bereich der sozialen Interaktions- und Kooperationsprozesse und beinhaltet u. a. verschiedene Kommunikationsregeln, die für die unterschiedlichen Kommunikations- bzw. Interaktionsprozesse zwischen Lernenden und Lehrenden, Lernenden untereinander und bei der Interaktion zwischen dem Lernenden und seinem mobilen Gerät gelten (Koole, 2009). Dementsprechend gestaltet sich auch die Schnittstelle zum Learner Aspect (L), die Koole (2009) als Interaction Learning Intersektion (LS) bezeichnet. Hier wird hervorgehoben, welchen Einfluss Kommunikationsprozesse auf das Lernen haben. Dieser Bereich bezieht sich sehr auf die Idee des sozialen Konstruktivismus. Der Lernende erfasst den Lerngegenstand entweder durch einen direkten oder einen indirekten Vergleich seiner eigenen Interpretationen mit der von anderen. Unter dem Einbezug dieser verschieden Aspekte konstruiert er die Bedeutung des Lernmaterials (Koole, 2009). Social Technology Intersection (DS) meint die Schnittmenge von technischen und sozialen Aspekten und betrifft die durch die Technik realisierten Möglichkeiten der Kommunikation und Kollaboration zwischen unterschiedlichen Individuen und Systemen (Koole, 2009). Abschließend fehlt noch das bereits zuvor erwähnte Herzstück des Modells, also die Stelle, an der sich alle drei Kreise überschneiden, der Mobile Learning Process (DLS). Koole (2009) vertritt die Hypothese, dass effektives M-Learning durch ausreichende Berücksichtigung der unterschiedlichen Aspekte dem Lerner nicht nur Zugang zu relevanten Informationen und bessere Selektion ermöglicht, sondern außerdem die Möglichkeit bietet, Lernziele anzupassen und Konzepte zu überdenken.

Um einen Orientierungsrahmen vorzugeben, erweist sich das Modell als durchaus geeignet. Kenny, Park, van Neste-Kenny, Burton und Meiers (2009) beispielsweise nutzen das FRAME-Modell als Rahmen für die Einordnung von Forschungsliteratur bezüglich des Gebrauchs von mobilen Geräten in der praktischen Ausbildung von Krankenschwestern. Allerdings hat das Modell auch Mängel: So geht in dem vorgestellten Modell von Koole (2009), wie auch schon bei den ersten beiden vorgestellten Modellen, der Lehrende nahezu unter. Einzig nach der Rollenveränderung und der möglichen Vorbereitung der Betroffenen darauf wird im Leitfaden gefragt und danach, ob daran gedacht wurde, Instruktionsmethoden einzusetzen, allerdings nicht nach Aspekten wie beispielsweise Lehrendenmerkmalen. Auch kommt gerade der Prozesscharakter des Mobile Learning Process (DLS), der immerhin in diesem Modell das Herzstück ist, nicht oder zumindest sehr unzureichend zur Geltung. Ein M-Learning-Szenario ist kein statisches Objekt. Entscheidend sind die eintretenden Veränderungen (insbesondere kognitive Veränderungen beim Lernenden und daraus resultierende beobachtbaren Veränderungen seines (kommunikativen) Verhaltens).

Device Aspect (D)

Haben Sie bei Auswahl und Einsatz der mobilen Geräte bedacht

  • ein Gerät mit komfortablen physikalischen Eigenschaften auszuwählen?

  • den Nutzern zu erlauben, Ein- und Ausgabeeinstellungen (z. B. Schriftgröße, Hinzufügen von Peripheriegeräten) zu verändern?

  • Geräte auszuwählen, die in punkto Arbeitsgeschwindigkeit und Möglichkeiten der Ein- und Ausgabe bestmöglich zu den Aufgaben der Nutzer passen?

  • Instruktionen für das Speichern und Abrufen von Dateien bereitzustellen?

  • Maßnahmen zu ergreifen, um die erwartete und tatsächliche Fehlerquote der mobilen Hard- und Software zu ermitteln und diese einzugrenzen?

Device Usability Intersection (DL)

Haben Sie im Bezug auf die Nutzung von mobilen Geräten für Lernaktivitäten

  • Orte und zugehörige Umgebungsfaktoren bedacht, an welchen der Lernende mobile Geräte zum Lernen nutzen wollen würde?

  • bedacht, ob das Gerät des Lernenden den Zugang zu Informationen erlaubt, wann und wo auch immer dies erforderlich sein sollte?

  • Daran gedacht, den Cognitive Load zu reduzieren, indem Sie Inhalte stückeln, die Anzahl der notwendigen Schritte zur Vollendung einer Aufgabe verringern, Gedächtnisstützen verwenden und Darstellungen vereinfachen?

  • Bedacht, das Gerät für die Lernenden optisch ansprechend und funktional zu gestalten, indem Sie ihnen erlauben, Themen auszuwählen und Einstellungen anzupassen?

  • den Lernern zu erlauben, Informationen zu erforschen, zu entdecken und auszuwählen, die für ihre eigenen individuellen Probleme relevant sind?

Learner Aspect (L)

Haben Sie bei der Gestaltung der M-Learning-Aktivitäten daran gedacht,

  • den aktuellen Wissensstand Ihrer Lerner zu ermitteln (falls dies möglich sein sollte)?

  • Schemabildung, Anchored Instruction oder andere Instruktionsmethoden einzusetzen?

  • Kontextbezogene Hinweise und Multimedia einzusetzen, um eine Vielzahl an Stimuli bereitzustellen, die das Verstehen und Erinnern unterstützen?

  • die Lernaktivitäten auf authentischen Kontexte und Zielgruppen ausgerichtet zu strukturieren?

Social Aspect (S)

Haben Sie in kultureller und gesellschaftlicher Hinsicht bedacht,

  • Definitionen, kulturelle Verhaltensweisen (Etikette) oder Zeichen abzuklären, die die Teilnehmer bei Interaktionen brauchen könnten?

  • Methoden oder Begleitung anzubieten, um hinreichende, präzise und sachbezogene Kommunikationen unter den Teilnehmenden im mobilen Medienraum zu gewährleisten?

Interaction Learning
Intersection (LS)

Haben Sie im Hinblick auf Interaktionen

  • die Beziehungen zwischen Lernenden untereinander, zwischen Lernenden und Experten sowie zwischen Lernenden und Systemen berücksichtigt?

  • die Präferenzen der Lernenden bedacht, sozial zu interagieren und sich Informationen und/oder Fähigkeiten anzueignen?

  • daran gedacht, mobile mediale Räume bereitzustellen, zur Bildung von Arbeitsgruppen, Lehr-Lernbeziehungen oder Mentoring-Beziehungen zwischen Lernenden und Experten?

Social Technology
Intersection (DS)

Haben Sie im Hinblick auf den Zugriff zu und die Bereitstellung von Netzwerken für Interaktionen daran gedacht,

  • drahtlose Standards zu wählen, die angesichts der Anzahl von Daten, der Geschwindigkeit und der geforderten Sicherheit der Datenübertragung angemessen sind?

  • geeignete Kollaborations-Software auszuwählen, um den Lernanforderungen oder den sozialen Anforderungen gerecht zu werden?

Mobile Learning Process (DLS)

Haben Sie im M-Learning System berücksichtigt

  • wie die Nutzung von mobilen Geräten Interaktionsprozesse zwischen Lernenden, Communities und Systemen beeinflussen könnte?

  • wie Lernende den mobilen Zugang zu Lernern, Systemen und Geräten für Informationsfindung und -bewertung am effektivsten nutzen können, um ihre Lernziele zu erreichen?

  • wie Lerner unabhängiger werden können bei der Navigation durch und der Auswahl von Informationen?

  • wie sich die Rollen von Lehrenden und Lernenden verändern und wie die Betroffenen auf diese Veränderung vorbereitet werden können?

Tabelle 2: Leitfragen für die Planung und Analyse von M-Learning (Koole, 2009)


3.5. Didaktischer Aufbau eines M-Learning Szenarios

Um darlegen zu können, an welchen Punkten die empirische Forschung aus didaktischer Sicht ansetzen kann, soll im Folgenden ein Prototyp für den Aufbau eines M-Learning Szenarios vorgestellt werden, der alle vorgestellten aus didaktischer Sicht unverzichtbaren Komponenten von Mobile Learning berücksichtigt, also den Kontext, die mobilen computertechnischen Medien, die pädagogischen Handlungen Lernen und Lehren und schließlich auch den didaktischen Mehrwert. Damit grenzt sich dieses Modell durch eine Fokussierung der Mikroebene nicht nur vom Modell von Pachler et al. (2010) ab, sondern auch von den Modellen von Sharples et al. (2005, 2008) und Wali et al. (2008), die lediglich den Lernprozess betrachten, das Lehren aber – wie zuvor angemerkt - weitestgehend außen vor lassen. Anders als bei Koole (2009) soll hier auch die Prozesshaftigkeit des M-Learning Berücksichtigung finden. Abbildung 2 zeigt eine grafische Darstellung des Modells. Das Modell deckt nicht nur reine M-Learning-Veranstaltungen ab, sondern auch solche Maßnahmen, die unterstützend zur Präsenzlehre eingesetzt werden. In letzterem Fall fließen die Attribute und Einflussgrößen der jeweiligen Veranstaltung in den Gesamtkontext (s. u.) mit ein.

Im Rahmen eines Gesamtkontextes (z. B. Hochschullehre), mit all seinen Regeln, Gesetzmäßigkeiten und Gewohnheiten gilt es zunächst, ein Bildungsanliegen zu identifizieren, dass durch eine M-Learning-Maßnahme gelöst werden soll. Ein mögliches M-Learning-Szenario besteht dabei aus 3-7 Komponenten, von denen jede einem von drei Bereichen (Lehren, Computertechnologie und Lernen) zugeordnet werden kann. Dabei können insgesamt drei unterschiedliche Szenarien unterschieden werden, die jeweils eine bestimmte Art des Lernens repräsentieren.

Lernen durch Interaktion mit dem mobilen Lernmedium

Das kleinstmögliche Szenario besteht aus den Komponenten Lernmedium, Übertragungssituation Lernsubjekt ↔ Lernmedium und Lernsubjekt (gemeint ist der Lernende) und repräsentiert das Lernen durch Interaktion mit dem mobilen Lernmedium. Hier müssen als Einflussgrößen die Merkmale des Lernmediums, die Merkmale der Übertragungssituation Lehrsubjekt ↔ Lehrmedium, und die Lernendenmerkmale berücksichtigt werden. Von Interesse sind besonders die kognitiven Prozesse beim Lernenden, da diese eine wichtige Einflussgröße für den didaktischen Mehrwert sind. Die Auswahl dieses Szenarios bedeutet nicht, dass es keinen Lehrenden gibt, sondern nur, dass hier im Rahmen des M-Learning keine Kommunikation mit dem Lehrenden vorgesehen ist. Genauso wenig ist in diesem ersten Szenario eine Kommunikation mit anderen Lernenden vorgesehen, diese wird im Folgenden behandelt.

Lernen durch Kommunikation mit anderen Lernenden

Ist für ein M-Learning-Szenario ein Lernen durch Kommunikation mit anderen Lernenden vorgesehen, so sind die Komponenten Lernmedium, Übertragungssituation Lernsubjekt ↔ Lernmedium, Lernsubjekt und zusätzlich die Übertragungssituation Lernmedium ↔ Lernmedium zu berücksichtigen. Auch hier sind die Merkmale der Komponenten sowie die kognitiven Prozesse bei dem/den Lernenden von besonderem Interesse.

Lernen durch Kommunikation mit dem Lehrenden

Diese Art M-Learning Szenario ist unter Umständen nicht nur als Ergänzung, sondern als alleinstehendes Lernsetting denkbar. Lernen durch Kommunikation mit dem Lehrenden besteht aus den Komponenten Lernmedium, Übertragungssituation Lernsubjekt ↔ Lernmedium, Lernsubjekt, Übertragungssituation Lehrmedium ↔ Lernmedium, Lehrmedium, Übertragungssituation Lehrsubjekt ↔ Lehrmedium sowie Lehrsubjekt. Hier sind neben den Merkmalen der Komponenten und den kognitiven Prozessen beim Lernenden auch kognitive Prozesse beim Lehrenden interessant.

Abbildung 2: Didaktischer Aufbau eines M-Learning-Szenarios

Die drei Arten von Lernen sind nicht immer trennscharf voneinander abzugrenzen. Sie können nicht nur einzeln, sondern auch kombiniert in Erscheinung treten. Ungeachtet dessen, welches M-Learning-Szenario vorliegt, sollte am Ende immer ein didaktischer Mehrwert stehen, der dem Bildungsanliegen entsprechend ausfallen soll. Auch dieser ist im Modell (s. Abbildung 2) dargestellt.

Insgesamt wäre ein E-Learning-Szenario ähnlich aufgebaut, allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied zum M-Learning. Das Lernmedium ist beim M-Learning mobil, d. h. die Übertragungssituation Lernmedium ↔ Lernsubjekt ist noch um ein vielfaches unberechenbarer, als dies beim E-Learning der Fall ist. Beim E-Learning kann man zumindest von einer halbwegs „lernfreundlichen“ Umgebung ausgehen, im Gegensatz zum M-Learning, weil die Merkmale der Übertragungssituation bei letzterem deutlich differieren können, je nachdem, welches Gerät der Lernende nutzt bzw. wo sich der Lernende dann gerade befindet. Diese Unberechenbarkeit erschwert die Planung von M-Learning-Szenarien zusätzlich. Mehr denn je werden Umgebungsfaktoren der Lernumgebung wichtig, wodurch sich wiederum ein interessanter Ansatzpunkt für die M-Learning Forschung ergibt. Darüber hinaus bieten sich aber auch noch weitere Möglichkeiten für die Forschung. Diese zeigt das Modell, indem es einen Forschungsrahmen für didaktische bzw. pädagogisch-psychologische Forschung absteckt. Es zeigt potentielle Ansatzpunkte für didaktische und pädagogisch-psychologisch ausgerichtete M-Learning-Forschung, nämlich die 7 vorgestellten Komponenten eines M-Learning Szenarios mit ihren spezifischen Merkmalen, die unterschiedlichen Arten der Kommunikation und der didaktische Mehrwert unter Bezug auf das zugrundeliegende Bildungsanliegen, also beispielsweise eine Steigerung der Lernmotivation, eine Steigerung des Lernerfolgs und/oder eine Steigerung der Effizienz. Zentrale Ansatzpunkte für die didaktische bzw. pädagogisch-psychologische Forschung wären nach den bisherigen Ausführungen die Bereiche Lehrsubjekt und Übertragungssituation Lehrsubjekt ↔ Lehrmedium, also die Bereiche, die unter dem Überbegriff Lehren zusammengefasst sind, die Bereiche Übertragungssituation Lernsubjekt ↔ Lernmedium und Lernsubjekt, also die Bereiche, die unter dem Überbegriff Lernen zusammengefasst sind, sowie der didaktische Mehrwert unter Bezug auf das zugrundeliegende Bildungsanliegen. Das Modell kann also herangezogen werden, um mögliche Ansatzpunkte zu identifizieren, aber auch beispielsweise dafür, um für die jeweilige Fokussierung relevante Merkmale und Einflussgrößen aufzuzeigen. Fokussiert man beispielsweise auf das Lernsubjekt, so sind Lernermerkmale ebenso zu berücksichtigen, wie etwa kognitive Prozesse des Lernenden, und auch die Merkmale der Übertragungssituation Lernmedium ↔ Lernsubjekt.

Zusätzlich könnte das Modell auch für die Konzeption eines M-Learning-Szenarios herangezogen werden, weil es Merkmale, Beziehungen und Aspekte verdeutlicht, die im Rahmen eines M-Learning-Szenarios zu berücksichtigen sind. Dazu könnte ggf., ähnlich wie bei Koole (2009, s. o.), ein Fragenkatalog aufgestellt werden, etwa mit Fragen wie „Haben Sie im Rahmen der Planung die Lernermerkmale der Zielgruppe berücksichtigt?“ oder „Haben Sie Störfaktoren in der Lernsituation (Merkmale der Übertragungssituation Lernmedium ↔ Lernsubjekt) bedacht?“. Da hier allerdings primär die Absteckung des Forschungsrahmens im Vordergrund steht, soll an dieser Stelle auf weitere Ausführungen zum Einsatz des Modells für die Konzeption von M-Learning verzichtet werden.

4. Empirische Forschung zum didaktischen Mehrwert von M-Learning in formalen Bildungskontexten

Mobile Learning bietet (wie auch bereits dargestellt) diverse interessante Ansatzpunkte für empirische Forschung aus didaktischer bzw. pädagogisch-psychologischer Sicht. In der Vergangenheit wurden auch bereits einige diesbezügliche Aspekte von M-Learning untersucht. Im Folgenden werden einige Studienergebnisse dargestellt, um daraus weiteren didaktischen Forschungsbedarf und Empfehlungen für den praktischen Einsatz abzuleiten. Zur Darstellung der empirischen pädagogischen Forschung sollen hier, wie bereits weiter oben im Text angekündigt, die didaktischen Erwartungen an ein M-Learning-Szenario (Steigerung der Lernmotivation, Steigerung des Lernerfolgs und Steigerung der Lerneffizienz) nochmals aufgegriffen werden. Fraglich ist nämlich, inwieweit diese Erwartungen erfüllt werden können.

Steigerung der Lernmotivation

Moura und Carvallho (2010) stellten bei einer explorativen Untersuchung zu SMS-basierten Lernaufgaben beim Sprachenlernen fest, dass die große Mehrheit der teilnehmenden Studierenden per Handy empfangenen Kurznachrichtenaufgaben als lernmotivierend empfand. Zur Steigerung der Lernmotivation stellt Kerres (2012) allerdings fest, dass diese häufig auf den „Neuerungseffekt“ zurückzuführen ist und nicht zwangsweise einen höheren Lernerfolg bedeutet, sondern sogar im Gegenteil eine geringere Lernleistung nach sich ziehen kann. Kinash, Brand und Mathew (2012) stellten in einem Versuch ähnliches fest: Immerhin knapp die Hälfte der Studierenden fühlten sich zwar durch die Nutzung des iPads zum Lernen motiviert, einer Optimierung des Lernens an sich durch das iPad standen die Studierenden im Durchschnitt allerdings weitestgehend neutral gegenüber. Die Forschung bzw. Entwicklung rein auf die Lernmotivation auszurichten scheint daher nicht besonders vielversprechend.

Steigerung des Lernerfolgs

Kerres (2012) bemerkt hierzu, dass die Steigerung des Lernerfolgs vielmehr auf die didaktische Methode, als auf das Lernmedium zurückzuführen sei (s. auch Clark, 1994). So richtig diese Feststellung auch sein mag, stellt sich an dieser Stelle allerdings die Frage, ob das Lernmedium nicht ggf. ein notwendiger Bestandteil einer didaktischen Methode bzw. ein optimierender Faktor und damit wiederum ausschlaggebend für den Lernerfolg sein kann. So gibt es zwar tatsächlich solche Studien, die mit M-Learning-Szenarien arbeiten, aber die Steigerung des Lernerfolgs auf die didaktische Methode bzw. den didaktischen Ansatz zurückführen (z. B. Chu, Hwang, Tsai & Tseng, 2010; Hwang & Chang, 2011, Hwang, Wu & Ke 2011). Daneben gibt es aber auch andere Studien, die im Vergleich von Lernsettings einen positiven Effekt auf den Lernerfolg für M-Learning herausstellen (z. B. Hsu & Lee, 2011, Kert, 2011, Lai, Yang, Chen, Ho, & Chan, 2007; Lu, 2008; Saran, Seferoglu, & Cagiltay, 2012, Zhang, Song, & Burston, 2011). Dabei beschränken sich diese Studien allerdings meist auf ein bestimmtes M-Learning-Szenario und insofern auch häufig auf einen bestimmten (Teil-)Fachbereich, wie z. B. Englisch-Sprachlernen (Hsu & Lee, 2011; Cavus & Ibrahim, 2009; Lu, 2008, Saran et al, 2012; Zhang et al, 2011). Wichtig wäre hier, vermehrt M-Learning-Szenarien zu konzipieren und zu erforschen, die fachübergreifend erfolgreich verwendet werden können. Diesbezügliche Forschungen könnten auch wichtige Erkenntnisse zur Steigerung der Lerneffizienz (s. u.) bringen. Weitere Forschung wäre hier besonders auch deshalb wünschenswert, weil eine M-Learning-Maßnahme nicht in jedem Kontext gleich gut funktionieren muss. Dies geht aus einer Studie von de-Marcos, Hilera, Bachino, Jiménez, Martínez, Gutiérrez, Gutiérrez, & Otón (2010) hervor, die bei drei Gruppen unterschiedlicher Bildungsstufen den Lernzuwachs durch ein mobiles Auto-Assessment untersuchten und feststellten, dass die Maßnahme bei der jüngsten Gruppe besser funktionierte als bei den anderen beiden (de-Marcos et al., 2010). Dass M-Learning-Szenarien auch nicht zwangsweise eine Steigerung des Lernerfolgs nach sich ziehen müssen, geht aus einer Studie von Doolittle und Mariano (2008) hervor. Hier schnitten die Lernenden im stationären Lernsetting besser ab als diejenigen im mobilen Lernsetting (Doolittle, & Mariano, 2008). Außerdem geht aus dieser Studie hervor, dass beim Einsatz von M-Learning auch individuelle Voraussetzungen berücksichtigt werden müssen, da es sonst zu einer Benachteiligung einzelner Lernender kommen kann. So untersuchten Doolittle und Mariano (2008) wie Lernende mit geringer Aufmerksamkeitskontrolle im Vergleich zu Lernenden mit hoher Aufmerksamkeitskontrolle im stationären vs. mobilen Lernsetting abschneiden. Innerhalb dieser Studie erzielten die Lernenden mit geringer Aufmerksamkeitskontrolle im mobilen Lernsetting das schlechteste Ergebnis (Doolittle, & Mariano, 2008). Mit Blick auf dieses Ergebnis wäre es auf jeden Fall erforderlich, noch weitere individuelle Lernermerkmale im Zusammenhang mit M-Learning zu untersuchen. Dies insbesondere auch deshalb, weil es dazu im Vergleich noch eher wenige Studien gibt, was aus einer Metaanalyse von Wu, Wu, Chen Kao, und Huang (2012) hervorgeht, die feststellten, dass Forschungen in diesem Bereich nur etwa 5 % ausmachen. Im Vergleich dazu ermittelte die Studie für Forschungen zur Effektivität von M-Learning-Szenarios 58% (Wu et al., 2012). Und nicht nur auf Lernermerkmale allein sollte geachtet werden, sondern beispielsweise auch auf die Spezifika der Informationsaufnahme und in diesem Zusammenhang auf die Gestaltung des Lernmaterials. Liu, Lin, Tsai und Paas (2012) untersuchten in einer Studie Split-Attention- und Redundanzeffekte im physischen M-Learning-Kontext. Sie stellten fest, dass ein Lernen mit mobil dargebotenem Text mit Bildern und dem realen Objekt schlechter funktioniert, als ein Lernen mit mobil dargebotenem Text mit Bildern alleine oder aber einem mobil dargebotenen Text ohne Bilder und dem realem Objekt (Liu et al., 2012). Für den praktischen Einsatz lässt sich nach den vorgehenden Ausführungen ableiten, dass bei der Erstellung von M-Learning Materialien kognitive Prozesse und Lernermerkmale berücksichtigt werden müssen.

Steigerung der Lerneffizienz und die Einstellung der Lernenden zum M-Learning

Eine höhere Lerneffizienz kann nach Kerres (2012) zweierlei bedeuten: Gleicher Lernerfolg bei geringerem Aufwand oder aber höherer Lernerfolg (s. o.) bei gleichem Aufwand. Dazu liegen für den Bereich M-Learning nach Kenntnis der Autoren derzeit keine Studien vor, wohl aber zur Akzeptanz und Nutzung durch die Lernenden bzw. der Einstellung der Lernenden zum M-Learning, die im Rahmen dessen eine bedeutende Rolle spielt. So wurde diese in verschiedenen Studien untersucht (z. B. Corlett, Sharples, Bull, & Chan, 2005; Milrad, Jackson, & Bergmann, 2005, Motiwalla 2007), wobei meist eine eher positive Einstellung der Studierenden zu M-Learning festgestellt werden konnte. In einer Studie von Gupta und Koo (2010) zeigten 75 % der an der Studie teilnehmenden Studierenden eine positive Einstellung im Bezug darauf, zukünftig mobile Geräte als Lernwerkzeuge einzusetzen. Bei Corbeil und Valdes-Corbeil (2007) gaben sogar 94 % der befragten Studierenden an, bereit für M-Learning zu sein. Die Möglichkeit der Steigerung der positiven Einstellung durch die Teilnahme an einem M-Learning-Szenario zeigt sich bei Uzunboylu, Cavus und Ercag (2009), die den Nutzen von Mobile Learning für eine Steigerung des Umweltbewusstseins untersuchten. Die Autoren stellten zwischen Prä- und Posttest eine deutliche Steigerung der positiven Einstellung der teilnehmenden Studierenden zum Nutzen von Mobile Learning fest (Uzunboylu, et al., 2009). Bezogen auf verschiedene M-Learning Aktivitäten wurden bei Gupta und Koo (2010) das Anhören von Vorlesungen (PODCASTS), das Ansehen von Vorlesungen (VODCAST), die mobile Zusammenarbeit mit anderen Studierenden bzw. Lernenden, die Beantwortung von Multiple Choice Tests und das Beantworten von Test mit Entscheidungsfragen (Richtig/Falsch) überwiegend positiv bewertet, während Tests mit Kurzantworten am negativsten bewertet wurden. Die Teilnehmer schätzten an M-Learning vor allem die erhöhte örtliche und zeitliche Flexibilität, sowie den beschleunigten Zugang zu neuen Informationen. Als größte Nachteile wurden die Einschränkungen bezüglich Tastatur und Display identifiziert (Gupta & Koo, 2010). Für den Praktischen Einsatz lässt sich daraus schließen, dass insbesondere beim Einsatz von Smartphones oder andern Geräten mit kleinem Display oder eingeschränkter Tastatur darauf geachtet werden sollte, dass die Lerner nicht zu viel Text lesen bzw. eintippen müssen, bzw. dass der Content für das Medium angemessen ist.

Zusammenfassend lässt sich hier festhalten, dass als Ansatzpunkt für didaktische Forschungen im Bereich M-Learning besonders eine Steigerung der Lerneffizienz sowie die Steigerung des Lernerfolgs vielversprechend zu sein scheinen. Letzteres allerdings nur dann, wenn das mobile, computertechnische Endgerät tatsächlich ausschlaggebend ist für den Lernerfolg bzw. unverzichtbar für die didaktische Methode. Für die Entwicklung und Evaluation dieser didaktischen Methoden bzw. für die Entwicklung von M-Lernsettings generell empfiehlt es sich ggf. (zumindest dann, wenn nicht von einer Vollversorgung mit geeigneten Geräten ausgegangen werden kann) die derzeit verfügbaren mobilen computertechnischen Endgeräte der Lernenden zu erheben wie bereits bei einigen Studien geschehen (z. B. Gupta & Koo, 2010, Corbeil & Valdes-Corbeil, 2007, Thornton & Houser, 2004). Schließlich ist es wichtig zu wissen, welche Lernmedien für den Lernprozess eingeplant werden können. Auch besteht zwar die Möglichkeit, die Studierenden mit Geräten zu versorgen, wie beispielsweise bei einem aktuellen Projekt an der Universität Kassel der Fall (Universität Kassel, ohne Datum), was aber aus zweierlei Gründen als suboptimal eingestuft werden muss. Zum einen wäre es unter Umständen ein erheblicher finanzieller Aufwand, wenn extra Geräte angeschafft werden müssten und zum anderen sollten Lernende nicht durch die Handhabung des Gerätes von Lernen abgelenkt werden, was eher gewährleistet ist, wenn die Studierenden ihre eigenen Alltagsmedien nutzen.

5. Zusammenfassung und Ausblick

Das interdisziplinäre und dynamische Feld M-Learning birgt zahlreiche Herausforderungen. Unterschiedliche Perspektiven und die schnelle Entwicklung im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien haben Ihre Spuren hinterlassen: Keine einheitlichen Definitionen, keine einheitlichen Konzeptionen sowie – zumindest in didaktischer bzw. pädagogisch-psychologischer Hinsicht – noch viel Forschungsbedarf. In diesem Artikel wurde dargestellt, wie M-Learning aus didaktischer bzw. pädagogisch-psychologischer Perspektive heraus definiert werden könnte. Dabei wurden die wichtigen Komponenten didaktischer Mehrwert, Lehren, Lernen, Kontext und mobile, auf Computertechnik basierende Lernmedien identifiziert. Ausgehend davon wurde dann ein Modell für den didaktischen Aufbau von M-Learning-Szenarios vorgestellt. Daraus wurden als interessante Aspekte für die empirische Forschung der didaktische Mehrwert mit Bezug auf das zugrundeliegende Bildungsanliegen, die Lehrendenmerkmale, kognitive Prozesse beim Lehrenden, Merkmale der Übertragungssituation Lehrsubjekt Lehrmedium, Merkmale der Übertragungssituation LernsubjektLernmedium, Lernsubjekt, sowie kognitive Prozesse beim Lernenden abgeleitet. Um bisherige empirische Forschung in den didaktischen bzw. pädagogisch-psychologischen Kontext einordnen zu können, wurden die Studien drei verschiedenen Teilbereichen zugeteilt, die die Erwartungen an M-Learning-Szenarien wiederspiegeln: Steigerung der Lernmotivation, Steigerung des Lernerfolgs und Steigerung der Lerneffizienz und die Einstellung der Lernenden zum M-Learning. Besonders die letzten beiden scheinen als Ansatzpunkte für Forschung im didaktischen bzw. pädagogisch-psychologischen Bereich vielversprechend. Lernermerkmale und Merkmale der Informationsaufnahme (Übertragungssituation Lernsubjekt ↔ Lernmedium) sind bisher noch wenig erforscht, aber auch eine Zunahme fächerübergreifender Studien wäre wünschenswert, besonders im Hinblick auf die Steigerung der Lerneffizienz. In jedem Fall gibt es neben den möglichen Ansätzen auf jeden Fall weiteren Forschungsbedarf, weil M-Learning zu den Forschungsgebieten zu zählen ist, die sich derzeit am schnellsten weiterentwickeln (Specht, & Ebner, 2011), weshalb damit zu rechnen ist, das die Bedeutung der mobilen Medien auch zukünftig weiter ansteigen wird. So vermutet das New Media Consortium im Hochschulbereich bereits in den nächsten zwölf Monaten eine Zunahme der Bedeutung von Mobile Apps und Tablet computing (Johnson, Adams Becker, Cummis, Estrada, & Freeman, 2013). Um aber nicht nur medial, sondern auch didaktisch bzw. pädagogisch-psychologisch am Ball zu bleiben, ist es dringend erforderlich, insbesondere auch die didaktische bzw. pädagogisch-psychologische Forschung im Bereich M-Learning voranzutreiben.

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