Kostenorientiertes Controlling von E-Learning-Plattformen mit dem TCO-Konzept - Methodische Grundlagen, Softwareunterstützung und Entwicklungsperspektiven
urn:nbn:de:0009-5-10801
Zusammenfassung
Zur administrativen Unterstützung von Lehr- und Lernprozessen werden E-Learning-Plattformen eingesetzt, die auf der Grundlage des Internet Funktionen zur Distribution von Lehr- und Lernmaterialien und zur Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden anbieten. Zahlreiche wissenschaftliche Beiträge und Marktstudien beschäftigen sich mit der multikriteriellen Evaluation dieser Softwareprodukte zur informatorischen Fundierung strategischer Investitionsentscheidungen. Demgegenüber werden Instrumente zum kostenorientierten Controlling von E-Learning-Plattformen allenfalls marginal thematisiert. Dieser Beitrag greift daher das Konzept der Total Cost of Ownership (TCO) auf, das einen methodischen Ansatzpunkt zur Schaffung von Kostentransparenz von E-Learning-Plattformen bildet. Aufbauend auf den konzeptionellen Grundlagen werden Problembereiche und Anwendungspotenziale für das kostenorientierte Controlling von LMS identifiziert. Zur softwaregestützten Konstruktion und Analyse von TCO-Modellen wird das Open Source-Werkzeug TCO-Tool eingeführt und seine Anwendung anhand eines synthetischen Fallbeispiels erörtert. Abschließend erfolgt die Identifikation weiterführender Entwicklungsperspektiven des TCO-Konzepts im Kontext des E-Learning. Die dargestellte Thematik ist nicht nur von theoretischem Interesse, sondern adressiert auch den steigenden Bedarf von Akteuren aus der Bildungspraxis nach Instrumenten zur informatorischen Fundierung von Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen im Umfeld des E-Learning.
Schlüsselwörter: E-Learning-Plattformen, Learning Management-Systeme, Controlling, Total Cost of Ownership (TCO), TCO-Tools
Abstract
E-learning platforms have gained momentum as standard tools to support organizational learning processes and offer a broad spectrum of different features. Many scientific publications and market studies deal with the multicriteria evaluation of the benefits of these software products to justify strategic investment decisions. In contrast, the problem of e-learning cost management is predominantly neglected. Therefore, we propose the Total Cost of Ownership-method (TCO-method) to cast light on the cost-effects of e-learning platforms. Based on the conceptual foundations of the TCO-method, domain specific problems and application potentials for e-learning cost management are elucidated. In addition, we present a case study to introduce the open source software product TCO-Tool, which provides advanced cost calculation procedures for TCO measurement. Finally, continuative research and development tasks are identified. The subject of this contribution is not solely of scientific interest, but also aims to accommodate the growing institutional demand for instruments to manage increasing e-learning costs.
Keywords: E-learning-platforms, learning management-systems, Total Cost of Ownership (TCO), TCO-Tool, cost management, cost accounting
Zur administrativen Unterstützung von Lehr- und Lernprozessen haben Learning Management-Systeme (LMS) weite Verbreitung gefunden, die auf der Grundlage des Internet Funktionen zur Distribution von Lehr- und Lernmaterialien und zur Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden anbieten. Die informationstechnische Realisierung dieser E-Learning-Plattformen erfolgt in praxi typischerweise in Form zentralisierter Anwendungssysteme, die mittlerweile über eine hohe funktionelle Stabilität verfügen. So sind im Markt für LMS zahlreiche proprietäre und Open Source-Produkte vorhanden, die in privaten und öffentlichen Bildungsinstitutionen eine hohe Akzeptanz verzeichnen.
Mit dem Einsatz dieser E-Learning-Plattformen gehen Effizienz- oder Innovationsziele einher [Do02](7). Während Effizienzziele eine Realisierung von Rationalisierungsnutzen durch nachhaltige Optimierung von Arbeitsabläufen zum Gegenstand haben, verfolgen Innovationsziele die Gestaltung neuartiger didaktischer Leistungen mithilfe multimedialer Informations- und Kommunikationstechnologien. Indes stellt sich in praktischen Anwendungssituationen die Frage, ob die mit E-Learning-Plattformen verknüpften Zielsetzungen auch tatsächlich realisiert werden und ob der hierfür anfallende Mitteleinsatz wirtschaftlich vertretbar ist. Diese Fragestellung nach der systembedingten Wirtschaftlichkeit besitzt für die E-Learning-Praxis hohe Bedeutung, da die Auswahl, Beschaffung und der kontinuierliche Betrieb von E-Learning-Plattformen oftmals personelle und materielle Ressourcen in erheblichem Umfang binden. Zudem stellen LMS typischerweise Softwareprodukte dar, die durch hohe systemspezifische Investitionen und Netzwerkeffekte gekennzeichnet sind. Angesichts der zunehmenden Diffusion von E-Learning-Plattformen kommt geeigneten Controllinginstrumenten, die die zur Planung und Kontrolle von LMS notwendige Kosten- und Nutzentransparenz herstellen, eine große praktische Bedeutung zu. Zur Systematisierung von Controllinginstrumenten für LMS wird ein generisches Ebenenmodell zu Grunde gelegt, das den Beziehungszusammenhang zwischen Mitteleinsatz und Wirkungen strukturiert [Za00](32).
Im Rahmen dieses Modells sind drei Analyseebenen zu differenzieren:
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Auf der Bereitstellungsebene erfolgt der kombinative Einsatz von Ressourcen, um LMS-Dienste für die Zielgruppen (Studierende, Lehrende) verfügbar zu machen. Zu differenzieren sind etwa sachliche Ressourcen (z. B. Rechner, Peripheriegeräte, Softwarelizenzen) und personelle Ressourcen (Personaleinsatz). Die monetäre Bewertung des Ressourceneinsatzes führt zu den Kosten der Dienstebereitstellung für das E-Learning. Zur Schaffung von Kostentransparenz sind folglich Instrumente notwendig, die eine vollständige und systematische Erfassung der relevanten Bereitstellungskosten leisten und somit zur informatorischen Fundierung eines kostenorientierten Controllings von LMS dienen.
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Die Nutzungsebene hat die Inanspruchnahme von LMS-Diensten durch die Zielgruppe zum Gegenstand. Auf dieser Ebene erfolgt die Mensch-Computer-Interaktion der Akteure, die zur Mediatisierung individueller Lehr- und Lerntätigkeiten auf E-Learning-Plattformen zurückgreifen [Da05](6). Zur Schaffung von Nutzungstransparenz werden Controllinginstrumente eingesetzt, die Aussagen über das Nutzungsverhalten der LMS-Anwender zur Verfügung stellen. So bietet etwa die E-Learning-Plattform des Herstellers Blackboard Inc. die Möglichkeit, die Lerntätigkeit anhand spezifischer Ereignisse - z. B. der Abruf von Kursmaterialien oder die Partizipation an Diskussionsforen - zu protokollieren (Activity Tracking) [Bl06](4). Zur Analyse dieser Datenbasis können vordefinierte Kennzahlensysteme oder eigenständige Business Intelligence-Werkzeuge (z. B. Data Mining-Systeme) eingesetzt werden. Ein ähnlicher Ansatz wird auch bei der Open Source-Plattform OpenUSS zu Grunde gelegt, die Kennzahlen für unterschiedliche Organisationsebenen von LMS aufbereitet und für das Controlling zur Verfügung stellt [GBDD04](15).
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Auf der Wirkungsebene sind die zielbezogenen Effekte von E-Learning-Plattformen zu erfassen, die in Bezug auf ihren Bewertungsmaßstab in monetäre und nicht-monetäre Effekte zu differenzieren sind. Insgesamt bilden diese Effekte die informatorische Grundlage zur Ermittlung des Nutzens von LMS, der in Verhältnis zu den Kosten eine Aussage über die systembedingte Effizienz gestattet. Zur Schaffung von Wirkungstransparenz stehen Instrumente des IT-Controllings zur Verfügung, die eine systematische Erfassung und Bewertung der Wirkungen von Anwendungssystemen leisten [Sc93](26). Werden mit dem Einsatz von LMS Innovationsziele verfolgt, treten Effekte in den Betrachtungsmittelpunkt, die sich zumeist einer monetären Bewertung entziehen und die Anwendung lerntheoretisch fundierter Evaluationsmodelle motivieren. Als instrumentelle Basis hierfür bieten verfügbare LMS etwa die Durchführung von Online-Befragungen an, mit denen Anwender die Eigenschaften der bereitgestellten Lerninhalte oder Systemfunktionalitäten bewerten können. Auf diese Weise können z. B. Aussagen über die Nutzerfreundlichkeit des Systems gewonnen werden.
Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit LMS ist durch eine Fokussierung technischer und didaktischer Potenziale von E-Learning-Plattformen geprägt. Insbesondere wurde der Konstruktion und Anwendung geeigneter Kriterienkataloge zur informatorischen Fundierung von LMS-Investitionsentscheidungen hohe Bedeutung beigemessen [HK03; BHM02](17)(2). Hiermit wird zwar ein notwendiger Beitrag zur Entscheidungsunterstützung institutioneller Beschaffungsprozesse geleistet, jedoch beschränkt sich die Analyse systembedingter Kosten zumeist auf die Erfassung der Anschaffungskosten und der Kosten für den externen Support von LMS [BLS03; SH06](5)(29). Zwar wird die Notwendigkeit einer lebenszyklusorientierten Gesamtkostenrechnung betont, die Transparenz sämtlicher durch die Beschaffung und den Betrieb von LMS verursachten Kosten herstellt [FGJ03; Ki04](9)(21), jedoch herrscht hinsichtlich der konzeptionellen und instrumentellen Konkretisierung derartiger Modelle noch Gestaltungsbedarf. Dieser wird auch durch bestehende Controllingmethoden für das E-Learning unterstrichen, mit denen eine vollständige Erfassung der Kosten von Qualifizierungsmaßnahmen beabsichtigt wird:
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Im Mittelpunkt der Learning Scorecard steht die Steuerung und Kontrolle von E-Learning-Maßnahmen (z. B. Kurse, Lerneinheiten) auf der Grundlage monetärer und nicht-monetärer Kennzahlen, die multiperspektivisch strukturiert werden und untereinander Ursache-Wirkungs-Beziehungen aufweisen [MK04](24). Zwar werden zu diesem Zweck auch Kostenkennzahlen wie z. B. "Kosten pro Teilnehmer" oder "Kosten pro Kurs" gebildet, allerdings bleibt hierbei offen, wie die Kosten für LMS als zentrale Infrastrukturkomponenten zu ermitteln sind.
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Das Calculation Object Model (COM) dient der Kalkulation von traditionellen und technologiegestützten Bildungsszenarien [Ju05; GJF04](20)(13). Dieses Kalkulationsmodell ermittelt zwar spezifische Bildungskostenarten, die für E-Learning-Maßnahmen typisch sind, legt jedoch den Schwerpunkt auf die Erfassung von Kosten für die Erstellung von Lerninhalten. So liefert dieses Verfahren keine methodischen Anhaltspunkte, wie die Kosten von LMS als Instrumente zur Bereitstellung von Lerninhalten zu ermitteln sind. Infolgedessen droht eine Vernachlässigung dieser Kosten bei der Entscheidungsfindung (cost neglect).
Einen Ansatzpunkt zum Abbau dieses Gestaltungsbedarfs bildet das Total Cost of Ownership-Konzept (TCO-Konzept), das einen umfassenden Katalog von Kostenkategorien zur Verfügung stellt, die durch die Bereitstellung informationstechnischer Infrastrukturen entstehen. Dieses Konzept weist zwar eine hohe Akzeptanz auf, jedoch folgt die praktische Anwendung meist ad hoc, sodass die Resultate nur über ein geringes Maß an Vergleichbarkeit und methodischer Fundierung verfügen. Im Rahmen dieses Beitrags werden daher zunächst die konzeptionellen Grundlagen von TCO-Modellen erörtert sowie Problembereiche und Anwendungsmöglichkeiten für das kostenorientierte Controlling von LMS identifiziert. Zur Unterstützung der Konstruktion und Analyse von TCO-Modellen für E-Learning-Plattformen wird das Open Source-Werkzeug TCO-Tool vorgestellt. Abschließend werden aktuelle Entwicklungstendenzen des Bildungssektors aufgegriffen und Implikationen für die Weiterentwicklung des TCO-Konzepts abgeleitet.
Das TCO-Konzept wurde im Jahr 1987 von der Gartner Group im Rahmen einer Studie zur Ermittlung der Gesamtkosten von PC-Arbeitsplatzrechnern eingeführt. Zielsetzung dieser Studie war die Erfassung sämtlicher direkter und indirekter Kosten, die durch die Einführung und den langfristigen Betrieb eines PC-Arbeitsplatzes anfallen. Dabei wurde festgestellt, dass die Anschaffungskosten nur etwa 20 % der Gesamtkosten ausmachen, sodass ein Großteil der TCO durch den Einsatz zusätzlicher Ressourcen verursacht wird, die zur Bereitstellung des Arbeitsplatzrechners notwendig sind [WH00](31). Mit dem TCO-Ansatz geht daher die Zielsetzung einher, sämtliche kostenrechnerisch relevanten Sachverhalte eines Controllingobjekts zu erfassen und auf diese Weise den Vollständigkeitsgrundsatz der Kostenrechnung zu erfüllen.
Mittlerweile haben sich TCO-Modelle für ein breites Spektrum von IT-Komponenten durchgesetzt. Gebräuchlich sind etwa TCO-Analysen für Großrechner, Notebooks, Drucker, Betriebs- und Datenbanksysteme und betriebswirtschaftliche Standardsoftwarepakete. Der grundlegende Ansatz des TCO-Konzepts besteht darin, sämtliche direkten und indirekten Kostenwirkungen zu erfassen, die aus der Eigentümerschaft (Ownership) des TCO-Objekts entstehen, und diese über den gesamten Lebenszyklus der betrachteten Komponente zu untersuchen. Während direkte Kosten unmittelbar durch die Bereitstellung der IT-Komponente verursacht werden und kostenrechnerisch in der für den Betrieb zuständigen Organisationseinheit (z. B. Rechenzentrum) zu erfassen sind, entstehen indirekte Kosten durch Ressourceneinsatz außerhalb dieser Organisationseinheit im Nutzungskontext der Komponente. Abb. 2 liefert eine Übersicht der generischen Kostenkategorien des Modells der Gartner Group, die bei der TCO-Ermittlung zu berücksichtigen sind und im Folgenden kurz erörtert werden [GBR04](12).
Direkte Kosten
Im Bereich der direkten Kosten wird zwischen den Primärkategorien Hard- und Software, operativer Betrieb und Verwaltung differenziert. Zur Ermittlung der Kosten für Hard- und Software sind sämtliche Kosten zu identifizieren, die unmittelbar für die Bereitstellung des TCO-Objekts für Anwenderprozesse entstehen, aber auch diejenigen Folgekosten, die mit dieser Leistungserstellung verknüpft sind. So setzt etwa der Betrieb einer E-Learning-Plattform nicht nur die Verfügbarkeit eines Produktivsystems voraus, vielmehr wird für die kontinuierliche Wartung auch ein Testsystem benötigt, mit dem Updates bzw. Upgrades vor dem Rollout getestet werden können. Zur Differenzierung der Kategorie Hardwarekosten wird vom TCO-Konzept eine Unterteilung in die Gruppen Kernprodukt, Ersatzteile, Upgrades, Betriebsstoffe und Software [1] vorgeschlagen [WH00](31). Softwarekosten werden hingegen in Abhängigkeit vom Anwenderbezug systematisiert:
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Kategorien für Softwareressourcen zur direkten Unterstützung von Anwenderprozessen bilden Betriebssysteme, Anwendungssoftware, Datenbanksysteme, Workflow Management-Systeme, Groupware-Systeme, und Sonstige als Sammelkategorie.
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Softwareressourcen, die von der IT-Abteilung zur Leistungserstellung benötigt werden, werden in die Gruppen Systemmanagement, Help Desk, Computer-Based-Training und Sonstige unterteilt.
Aus dieser Systematisierung wird deutlich, dass zur Erfassung der periodenspezifischen Kostenanteile die Abschreibungen der Hard- und Softwarekomponenten zu ermitteln sind. Erfolgt die Bereitstellung im Rahmen von Outsourcing- oder Leasingverträgen, sind die hierfür anfallenden Dienstleistungskosten anzusetzen. Die Ermittlung von Kosten für Betriebsstoffe, etwa in Form des Energieeinsatzes, findet in praxi bei der TCO-Ermittlung selten Eingang, sodass Abschreibungen und Dienstleistungskosten die zentralen Kostenarten der Kategorie Hardware und Software bilden.
Der operative Betrieb erfasst Tätigkeiten, die von den Mitarbeitern der IT-Abteilung oder externen Dienstleistern erbracht werden. Hierzu gehört etwa
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der technische Support für Clients, Server und Netzwerke (z. B. Installation und Test von Software und Hardware, Problemlösung, Konfiguration, Sicherung),
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das Planungs- und Prozessmanagement (z. B. Benutzerverwaltung, Sicherheitsmanagement, Softwareplanung, strategisches IT-Management, Bewertung von Kaufentscheidungen),
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das Datenbankmanagement sowie
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der Benutzerservice zur Fehlererfassung und -diagnose (Help Desk Level 0/1).
Der Bereich der Verwaltung umfasst hingegen Kosten, die durch organisatorisch-administrative Tätigkeiten der IT-Abteilung entstehen. Hierzu zählen zunächst allgemeine Verwaltungs- und Finanzaufgaben, wie z. B. das Management von Mitarbeiterverträgen oder IT-Budgets. Als weitere wesentliche Kostenkomponente ist die fortlaufende Qualifikation der Mitarbeiter der IT-Abteilung und der Endanwender zu berücksichtigen. Als Grundlage zur Ermittlung der Kosten für den operativen Betrieb und die Verwaltung sind die Personalkosten oder die entstehenden Dienstleistungskosten heranzuziehen.
Indirekte Kosten
Neben diesen direkten Kosten sind im TCO-Modell auch indirekte Kosten zu berücksichtigen. Diese entstehen zum einen durch Tätigkeiten der Endanwender, zum anderen durch Ausfälle der IT-Komponente. Indirekte Kosten werden beispielsweise auch dann verursacht, wenn der Endanwender die Komponente für private Zwecke nutzt (z. B. WWW-Surfen für private Zwecke). Diese aufgabenfremde Nutzung wird im TCO-Modell auch als Futzing bezeichnet. Weiterhin werden indirekte Kosten dadurch hervorgerufen, dass der Endanwender originäre Aufgaben der IT-Abteilung wahrnimmt. Hierzu gehören etwa
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Selbsthilfe bei IT-Problemen (Self-Support),
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Fremdhilfe zur Unterstützung von anderen Mitarbeitern mit IT-Problemen (Peer-to-Peer-Support),
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Datenverwaltung (z. B. Erstellung von Sicherheitskopien) und
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Anpassung von Standardsoftware durch den Endanwender (Private Customizing).
Diese Aktivitäten führen dazu, dass die eigentlichen Kernaufgaben vernachlässigt werden und somit Produktivitätsverluste auftreten, die kostenrechnerisch in Form von Opportunitätskosten zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für die Teilnahme von Endanwendern an IT-Schulungsmaßnahmen.
Als weiterer Einflussfaktor für indirekte Kosten sind geplante und ungeplante Ausfälle von IT-Komponenten zu identifizieren. Die Ausfälle führen zum einen dazu, dass Anwender Teile der Infrastruktur nicht zur Aufgabenerfüllung nutzen können, sodass die Arbeitsproduktivität sinkt. Zum anderen können Systemausfälle auch zu Umsatzeinbußen führen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Serversystem ausfällt und dadurch keine Produkte über das Internet (z. B. per Onlineshop) vertrieben werden können.
Die TCO für eine IT-Komponente sind auf der Grundlage der dargestellten Kostenkategorien folgendermaßen zu ermitteln:
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In einem ersten Schritt ist eine präzise Abgrenzung der betrachteten IT-Komponente zu leisten, die als Bezugsobjekt für die TCO-Ermittlung dient, und der Lebenszyklus zu definieren. Zu diesem Zweck kann auf die Datenbestände des IT-Asset Managements, die z. B. in strukturierter Form eines Anwendungsdictionary vorliegen, zurückgegriffen werden.
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Über sämtliche Perioden des objektspezifischen Lebenszyklus diejenigen Ressourcen mengen- und wertmäßig zu fixieren, die zur Bereitstellung der IT-Komponente eingesetzt werden und für den situativen Rechnungszweck als relevant erachtet werden. In dieser Phase sind aufgrund unterschiedlicher Bewertungsverfahren insbesondere sachliche und personelle Ressourcen zu differenzieren.
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In einem letzten Schritt sind die erfassten Kosten zur Spitzenkennzahl Total Cost of Ownership zu aggregieren. Diese Kennzahl reflektiert den bewerteten Ressourceneinsatz zur informationstechnischen Realisierung des Kalkulationsobjekts über den gesamten Lebenszyklus. Diese aggregierte Kennzahl steht zur Rückdifferenzierung anhand unterschiedlicher Auswertungskriterien zur Verfügung.
Die Darstellung der direkten und indirekten Kostenkategorien verdeutlicht, dass mit dem TCO-Konzept die Intention einer möglichst vollständigen Kostenzurechnung für IT-Komponenten einhergeht. Da eine derartige Kostentransparenz durch traditionelle Verfahren der Kostenrechnung in praxi nicht geleistet wird, ist diese Zielsetzung generell positiv zu beurteilen. So kann ein gesamtkostenorientierter Ansatz dazu beitragen, Kostensenkungspotenziale zu identifizieren, das Kostenbewusstsein von Entscheidungsträgern und Anwendern bei dem Umgang mit IT-Komponenten zu sensibilisieren und somit eine wirtschaftliche Ressourcennutzung zu fördern. Für das Controlling von E-Learning-Plattformen liefert das TCO-Konzept daher einen generischen Bezugsrahmen zur Erfassung der Bereitstellungskosten. Auf diese Weise wird die Entwicklung einer Datenbasis gefördert, die zur Planung und Kontrolle der systembedingten Kosten eingesetzt werden kann. Während im Rahmen einer Planungsrechnung geplante oder prognostizierte Kosten anzusetzen sind, setzt eine Kontrollrechnung die Erfassung von Istkosten und deren Vergleich mit Referenzgrößen - die z. B. im Rahmen von Benchmarking-Studien gewonnen werden können - voraus.
Allerdings weist das TCO-Konzept einige Problembereiche auf, die eine unmittelbare Anwendung im Kontext von E-Learning-Systemen nicht zweckmäßig erscheinen lassen. Einen Ansatzpunkt zur Kritik bildet die Erfassung indirekter Kosten, die die kostenrechnerischen Rahmengrundsätze der Richtigkeit und der Wirtschaftlichkeit zu erfüllen hat [GB05](11). So stellt sich die Frage, wie Opportunitätskosten für unproduktive Anwendertätigkeiten und Systemausfälle zu ermitteln sind. Die Gartner Group konzipiert hierfür keine formalen Techniken, sondern empfiehlt lediglich die Befragung von Anwendern und Schulungspersonal sowie die Einrichtung von Anwender-Fokusgruppen [WH00](31). Auf diese Weise können Zeiten ermittelt werden, die für unproduktive Anwendertätigkeiten verbraucht werden, und mit Personalkostensätzen bewertet werden. Folglich führt die Ermittlung indirekter Kosten zu einem hohen Aufwand und ist in Bezug auf die Validität des erhobenen Datenmaterials mit erheblichen Problemen verbunden. Aus inhaltlicher Perspektive stellt sich zudem die Frage, ob eine Ermittlung indirekter Kosten für E-Learning-Plattformen sinnvoll ist. So zeichnet sich der universitäre Betrieb von LMS dadurch aus, dass es sich bei der überwiegenden Mehrheit der Anwender um Studierende handelt, sodass eine plausible Bewertungsbasis zur Ermittlung von Opportunitätskosten fehlt. Angesichts dieser Problembereiche erscheint es nahe liegend, zur Steigerung der Praktikabilität und der Wirtschaftlichkeit des TCO-Konzepts auf die Erfassung indirekter Kosten gänzlich zu verzichten. Indes stellen Systemausfälle und unproduktives Anwenderverhalten interessante Phänomene des LMS-Einsatzes dar, die mithilfe geeigneter nicht-monetärer Controllinginstrumente zu identifizieren und zu handhaben sind.
Als weiterer Problembereich ist die Abgrenzung und Bewertung der benötigten sachlichen und personellen Ressourcen zur Bereitstellung von E-Learning-Plattformen zu identifizieren. Dabei hat eine Bewertung der notwendigen Sachmittel wie z. B. Rechnersysteme und Softwarelizenzen auf der Grundlage der kalkulatorischen Abschreibungen oder Dienstleistungskosten zu erfolgen. Indes ist in praxi damit zu rechnen, dass bei der Bewertung dieses Ressourceneinsatzes nahezu zwangsläufig Abgrenzungsprobleme auftreten. So lassen sich die Kosten zentraler Ressourcen wie z. B. Datenbank-, Groupware-oder Help Desk-Systeme aufgrund ihrer multiplen Einsatzmöglichkeiten meist nicht als Einzelkosten einem TCO-Objekt als Kostenträger zurechnen, sodass eine Kostenallokation mithilfe situativ akzeptierter Mengen- oder Wertschlüssel zu erfolgen hat [GB05](11). Um Transparenz der TCO-Kalkulation herzustellen, sind die verwendeten Schlüssel als Verrechnungsgrundsätze zu dokumentieren. In Abhängigkeit vom zu Grunde gelegten Erstellungsprinzip der betrachteten Softwareprodukte sind zudem Probleme bei der Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibungen zu erwarten. So können die Abschreibungen für am Markt erworbene Standardsoftwareprodukte anhand der Datenbasis des Beschaffungswesens oder der Anlagenbuchhaltung ermittelt werden, während für Eigenentwicklungen meist keine valide Datengrundlage zur Verfügung steht. Für den Kontext von E-Learning-Plattformen ist dies von Bedeutung, da die Realisierung häufig auf der Grundlage von Open Source-Produkten erfolgt, die an die situativen Bedürfnisse angepasst werden. Um das Vollständigkeitsgebot der Kostenrechnung zu erfüllen, sind auch diese Anpassungsentwicklungen bei der TCO-Ermittlung zu berücksichtigen.
Hinsichtlich der Verrechnung der Personalkosten der Primärkategorien operativer Betrieb und Verwaltung hat sich in der IT-Praxis eine Erfassung anhand der Bezugsgröße Personalstunden durchgesetzt, die traditionell mit Vollkostenverrechnungssätzen oder im Fall des Outsourcings mit Marktpreisen bewertet wird. Zur TCO-Kalkulation ist eine explizite Erfassung der Zeitbedarfe notwendig, die zur Bereitstellung der E-Learning-Plattform notwendig sind. Hiermit ist zwar ein hoher Aufwand verbunden, dieser wird allerdings durch die relativ hohe Bedeutung personeller Ressourcen im IT-Bereich gerechtfertigt. So betragen die Personalkosten im Allgemeinen 40-60 % sämtlicher Kosten einer IT-Abteilung [Kü03](22). Diese hohe Relevanz personeller Ressourcen ist auch für den Betrieb von E-Learning-Plattformen zu Grunde zu legen. So ist zum Betrieb von LMS nicht nur die zentrale Bereitstellung von Anwendungssoftware zu zählen, sondern vielmehr auch das Angebot komplementärer Dienstleistungen zur Beratung, Schulung, Sicherung und Problembehebung. Hierfür wurden bereits differenzierte Servicemodelle entwickelt, die sich an der Bereitstellung spezifischer LMS als Kernprodukte orientieren [UM05](30) und mit der TCO-Kostensystematik weitgehend kompatibel sind.
Anwendungspotenziale des TCO-Konzepts erschließen sich insbesondere vor dem Hintergrund der generellen Marktentwicklung und der Einsatzbedingungen für E-Learning-Plattformen. So hat die Dynamik auf dem Markt für proprietäre und Open Source-LMS hat dazu geführt, dass eine Vielzahl von Plattformen zur Verfügung steht. Zudem verfügen größere Institutionen mittlerweile über mehrere E-Learning-Plattformen, die parallel betrieben werden, allerdings nur einen geringen Grad an Daten-, Funktions- und Prozessintegration aufweisen [St05](28). Im Rahmen der organisatorischen Integration und Konsolidierung von LMS rücken daher verstärkt Fragestellungen der Wirtschaftlichkeit in den Betrachtungsmittelpunkt, zu deren Beantwortung Kosteninformationen notwendig sind. Exemplarische Anwendungspotenziale des TCO-Konzepts sind in den folgenden Entscheidungsfeldern zu identifizieren:
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Die systematische Erfassung des personellen und sachlichen Ressourceneinsatzes für einzelne LMS führt dazu, dass Änderungsmaßnahmen in Bezug auf ihre Kostenwirkung umfassend bewertet werden können. Aus langfristiger Perspektive ist durch diese Kostentransparenz eine verbesserte Ausrichtung von LMS an den Bedürfnissen der Endanwender zu erwarten.
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Es entsteht eine Grundlage zur kostenorientierten Tarifierung von E-Learning-Plattformen und -Diensten, die zur Ausgestaltung der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung bzw. zur Preisbildung genutzt werden kann (E-Learning Charging & Billing). Diese Anwendungsmöglichkeit adressiert vor allem den steigenden Bedarf privatwirtschaftlicher Bildungsanbieter zur Refinanzierung des Leistungsportfolios.
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Eine Gesamtkostenermittlung von LMS gestattet die Durchführung von Kostenvergleichsrechnungen für unterschiedliche E-Learning-Szenarien und Plattformalternativen. Auf diese Weise können Rationalisierungspotenziale identifiziert und Migrationsentscheidungen unterstützt werden.
Diese Anwendungspotenziale führen zur Fragestellung, wie die Konstruktion und Analyse von TCO-Modellen instrumentell zu unterstützen ist. So bieten betriebswirtschaftliche Standardsoftwaresysteme wie z. B. SAP R/3 grundsätzlich die Möglichkeit, traditionelle Kostenrechnungsverfahren zur TCO-Kalkulation anzupassen. Allerdings setzen derartige Systeme einen hohen organisatorischen und technischen Aufwand zum Customizing voraus und erweisen sich in der praktischen Anwendung als schwerfällig. Eine flexible Entscheidungsunterstützung zur systematischen Bewertung von LMS ist mithilfe derartiger Instrumente daher kaum praktikabel. Impulse zur flexiblen Entscheidungsunterstützung liefern indes dedizierte TCO-Werkzeuge.
Zur Konstruktion und Analyse von Gesamtkostenmodellen stehen sowohl proprietäre Softwareprodukte spezialisierter Unternehmensberatungen als auch Open Source-Lösungen zur Verfügung. Als Beispiel für ein Open Source-Produkt, das über eine hohe technische Reife verfügt, wird im Folgenden das Werkzeug TCO-Tool vorgestellt. Dieses Softwareprodukt wurde im Auftrag des schweizerischen Informatikstrategieorgans Bund (ISB) entwickelt und steht als Java-basierte Applikation nach den Lizenzbestimmungen der LGPL über die Internetadresse http://www.tcotool.org zur Verfügung.
Als Demonstrationsbeispiel zur Konstruktion und Analyse von TCO-Modellen mit diesem Werkzeug wird eine synthetische Aufgabenstellung zu Grunde gelegt, die die Ermittlung der Gesamtkosten für ein Open Source-LMS im Rahmen einer Planungsrechnung zum Gegenstand hat. Um die Übersichtlichkeit des Fallbeispiels zu steigern, werden nur Sach- und Personalkosten erfasst, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Bereitstellung stehen. Kostenarten, die üblicherweise nur eine geringe Bedeutung aufweisen, wie etwa Raum- und Energiekosten, werden vernachlässigt. Die folgende Abbildung liefert eine Übersicht des zu erfassenden Ressourceneinsatzes.
TCO-Kategorie |
Ressource bzw. Tätigkeit |
Betrag [€] |
Hardware für Anwenderprozesse |
Produktivsystem (Server) |
20.000 € |
Hardware für IT-Abteilung |
Testsystem (Server) |
3.000 € |
Software für IT-Abteilung |
Software für Help Desk-Betrieb und Incident Management |
1.500 € |
Technischer Support |
Problemlösung Level 3, Outsourcing-Leistung zu je 75 €/h, jährlich |
100 h |
Planungs- und Prozessmanagement |
Benutzerverwaltung durch Systemadministrator, jährlich |
400 h |
Datenbankmanagement |
Organisation und Sicherung von Datenbanken durch Datenbankadministrator, jährlich |
50 h |
Help Desk |
Technische Unterstützung Level 1/2 durch Supportmitarbeiter, jährlich |
400 h |
Schulung IT-Abteilung |
Seminarkosten zur Schulung von IT-Mitarbeitern |
5.000 € |
Endanwenderschulung |
Planung und Entwicklung von Schulungsunterlagen für Endanwender durch Supportmitarbeiter, jährlich |
120 h |
Tabelle 1 - Synthetische Datenbasis zur TCO-Kalkulation (Fallbeispiel)
Zur Abbildung dieses Fallbeispiels ist zunächst die Konfiguration des TCO-Modells notwendig. Zu den grundlegenden Einstellungen von TCO-Tool gehören die Fixierung der Lebensdauer und die Währung des Kalkulationsobjekts. Darüber hinaus sind Stammdaten bezüglich der kostenrechnerisch relevanten Bezugsobjekte anzulegen. So ist eine Spezifikation der Rollen für die Wahrnehmung der unterschiedlichen Tätigkeiten notwendig, wie z. B. Supportmitarbeiter, Datenbank- und Systemadministratoren. Um eine Tätigkeitsbewertung auf der Grundlage der Bezugsgröße Personalstunden zu ermöglichen, sind die jährlichen Personalkosten (Vollkosten) und die Kapazitäten für diese Rollen zu pflegen. Die folgende Abbildung zeigt eine exemplarische Spezifikation der Rolle Supportmitarbeiter.
Zur TCO-Ermittlung ist eine mengen- und wertmäßige Fixierung des Ressourceneinsatzes notwendig. Zu diesem Zweck unterstützt TCO-Tool eine hierarchische Strukturierung des Kalkulationsobjekts, mit der die TCO-Kostenkategorien abgebildet werden können. Die folgende Abbildung zeigt die Konfiguration des Werkzeugs für das originäre TCO-Modell der Gartner Group, mit dem sowohl direkte als auch indirekte Kostenwirkungen erfasst werden können.
Auf der Grundlage dieser Strukturierung kann die Spezifikation der Personal- und Sachkosten erfolgen. Dies soll im Folgenden exemplarisch für die die Personalkostenposition Endanwenderschulung und die Sachkostenposition Produktivsystem des Demonstrationsbeispiels dargestellt werden.
Die Erfassung der Personalkosten erfolgt auf der Grundlage der gepflegten Rollenprofile der Mitarbeiter. So kann für die personelle Ressource Supportmitarbeiter z. B. ein Anteil von 120 h der Gesamtkapazität (1.700 Stunden/Personenjahr) für die Erstellung von Schulungsunterlagen verrechnet werden. Eventuelle Kapazitätsengpässe, die durch den Einsatz des Mitarbeiters in anderen Tätigkeiten zustande kommen, werden dabei vom Werkzeug erkannt und signalisiert. Außerdem kann festgelegt werden, ob die Kosten durch einen jährlich wiederkehrenden (periodischen) Ressourceneinsatz gekennzeichnet sind. In der folgenden Abbildung wird die exemplarische Erfassung der Personalkosten dargestellt.
Analog hierzu erfolgt die Erfassung der Sachkosten. Für materielle Ressourcen unterstützt TCO-Tool die Erstellung eines Katalogs, mit dem das IT-Anlagevermögen (IT-Assets) verwaltet werden kann. Neben administrativen Angaben können hier die Nutzungsdauer und die Anschaffungskosten von IT-Komponenten hinterlegt werden. Im Gegensatz zu den Personalkosten, die auf jährlicher Basis erfasst werden, erfolgt eine lineare Abschreibung der Sachkosten über die Nutzungsdauer. Für die Sachkostenposition Serversystem wird dies in der folgenden Abbildung dargestellt.
Zur Analyse bietet TCO-Tool Berichtsfunktionen an, die eine grafische oder tabellarische Aufbereitung des erstellten Kalkulationsmodells leisten. Auf diese Weise kann Transparenz der Gesamtkostenstruktur nach unterschiedlichen Kriterien hergestellt werden. So stehen TCO-Auswertungsrechnungen nach Kostenarten, Kostenkategorien, Kostenstellen, Standorten und Prozessen zur Verfügung. In der folgenden Abbildung wird für das Fallbeispiel die Ermittlung und Ausdifferenzierung der TCO anhand der Kostenkategorien gezeigt.
Wie dieses Beispiel verdeutlicht, steht mit TCO-Tool ein leistungsfähiges Werkzeug zur Verfügung, das zur Konstruktion und Analyse von TCO-Modellen eingesetzt werden kann. Aufgrund der flexiblen, hierarchischen Strukturierungsmöglichkeit von Kostenkategorien können dabei auch komplexe TCO-Objekte abgebildet und untersucht werden. Der Nutzen in der praktischen Anwendung ist vor allem bei der Durchführung von Planungsrechnungen zu identifizieren. So erschließt eine systematische Erfassung der personellen und sachlichen Ressourcen und deren Bewertungsgrundlagen eine Simulation der Kostenwirkungen unterschiedlicher Plattformalternativen. Hierbei unterstützt das Werkzeug die Durchführung von What-If-Analysen, mit denen Entscheidungsträger Transparenz hinsichtlich der monetären Konsequenzen von LMS-Investitionsentscheidungen herstellen können. Auf diese Weise kann mithilfe von TCO-Tool die Beantwortung folgender Fragestellungen softwaretechnisch unterstützt werden:
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Welche monetären Konsequenzen haben Konsolidierungs- oder Migrationsentscheidungen, die z. B. den Wechsel von einer proprietären zu einer Open Source-Lösung zum Gegenstand haben?
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Welche Kostenwirkungen haben Änderungen der Dienstgüte durch Integration neuer Hardwarekomponenten oder die Bereitstellung zusätzlicher personeller Ressourcen? Diese Fragestellung ist vor allem dann von praktischer Bedeutung, wenn E-Learning-Plattformen angesichts zunehmender Lasten stetig skaliert werden müssen.
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Welche Rationalisierungspotenziale können durch Auslagerung (Outsourcing) oder Reintegration (Insourcing) von Aufgaben und Prozessen des LMS-Betriebs erschlossen werden?
Allerdings weist TCO-Tool auch funktionelle Defizite auf. So wird eine freie zeitliche Abgrenzung von Sachkosten nicht unterstützt, sodass die Analyse einzelner Perioden zu unscharfen Aussagen führen kann. Außerdem werden Stammdaten wie z. B. Rollenspezifikationen im TCO-Modell abgelegt, sodass Änderungen nur für das aktuelle Kalkulationsobjekt zum Tragen kommen. Zur Integration externer Datenbestände - etwa des Asset-Managements oder des Rechnungswesens zur automatischen Erfassung von Istkosten - stehen keine Importschnittstellen zur Verfügung. Allerdings erfolgt die Speicherung der TCO-Modelle anhand von XML-Dateien, sodass eine Konvertierung bestehender Datenbestände mit geringem Aufwand möglich ist.
Die Ausführungen haben verdeutlicht, dass mithilfe gesamtkostenorientierter Konzepte eine umfassende Kostenanalyse von E-Learning-Plattformen möglich ist. Allerdings setzt eine Anwendung dieser Konzepte zur Konstruktion und Analyse von TCO-Modellen dedizierte Entscheidungsunterstützungssysteme voraus, die eine flexible Strukturierung der betrachteten IT-Komponenten gestatten. Mit dem Werkzeug TCO-Tool wurde gezeigt, dass derartige Werkzeuge mittlerweile als Open Source-Produkte vorhanden sind und eine hohe Anwendungsreife besitzen. Für das kostenorientierte Controlling von E-Learning-Plattformen steht somit ein praktisch verwendbares Instrument zur Verfügung.
Indes darf nicht übersehen werden, dass die Anforderungen an E-Learning-Plattformen angesichts des fundamentalen Wandels der Hochschulen einer dynamischen Entwicklung unterliegen. Folglich stellt sich nicht nur die Frage nach der Zukunftsfähigkeit etablierter technischer Lösungen, sondern vielmehr auch nach der Eignung der mit diesen verknüpften Controlling- und Organisationskonzepte. Dieser prospektiven Fragestellung wird im Folgenden nachgegangen, um Entwicklungsperspektiven des TCO-Konzepts abzuleiten.
Aus der aktuellen Diskussion um die Hochschulentwicklung sind exemplarisch die folgenden Entwicklungstrends zu entnehmen [MBB06; BHS06](23)(3), die spezifische Implikationen für die Ausgestaltung von E-Learning-Plattformen aufweisen:
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Steigende Studierendenzahlen forcieren in Zukunft eine Entlastung defizitärer Lehrkapazitäten durch den verstärkten Ausbau von E-Learning-Angeboten. Dieser setzt allerdings die Nutzung skalierbarer und erweiterbarer Infrastrukturtechnologien voraus.
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Die Einführung von Studiengebühren führt zu einer verstärkten Erwartungshaltung der Studierenden, die sich auch in steigenden Qualitätsanforderungen an E-Learning-Infrastrukturen niederschlagen. Im Kontext von E-Learning-Plattformen rücken hiermit Anforderungskriterien wie etwa die Verfügbarkeit, Durchgängigkeit der Lernprozessunterstützung und Benutzerfreundlichkeit in den Betrachtungsmittelpunkt (Usability).
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Aufgrund demographischer und soziologischer Faktoren ist mit zunehmend diversifizierten Studierendenpopulationen (z. B. ältere Menschen, Studierende außerhalb der EU) zu rechnen. Für die Gestaltung von E-Learning-Plattformen resultiert hieraus die Notwendigkeit zur stärkeren Orientierung an den kollektiven bzw. individuellen Lernbedarfen der Akteure (Personalisierung).
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Forderungen nach der Verbesserung der Qualität und Wirtschaftlichkeit von Bildungsmaßnahmen erfordern eine Daten-, Funktions- und Prozessintegration universitärer Anwendungssysteme, die im Allgemeinen ein hohes Maß an Heterogenität aufweisen.
Zur Bewältigung der skizzierten Anforderungen werden auf der technischen Ebene insbesondere serviceorientierte Architekturen (SOA) thematisiert, die eine Kopplung heterogener Anwendungssysteme über standardisierte Schnittstellen (z. B. Web Services) gestatten [FS06; St05](10)(28). Mit diesem Architekturkonzept wird die Zielsetzung verfolgt, die in unterschiedlichen Anwendungssystemen verteilt vorgehaltenen Funktionalitäten für andere Systeme zur Verfügung zu stellen und somit die Anpassungsfähigkeit von E-Learning-Architekturen an dynamische Nutzeranforderungen zu gewährleisten. Die Unterstützung neuer Lehr- und Lernprozesse wird folglich nicht durch die vollständige Neuentwicklung von Anwendungen erzielt, sondern durch den Rückgriff auf bereits vorhandene Funktionalitäten. Auf diese Weise können nicht nur unterschiedliche E-Learning-Plattformen miteinander verbunden und somit funktionell ergänzt werden (horizontale Integration), sondern vielmehr auch Schnittstellen zu den Basissystemen der Hochschulen geschaffen werden (vertikale Integration). Hierzu zählen etwa Informationssysteme zur Bibliotheks-, Medien-, Prüfungs- und Studierendenverwaltung.
Zwar erfährt das SOA-Konzept in der aktuellen Auseinandersetzung um die Weiterentwicklung proprietärer und quelloffener E-Learning-Plattformen breite Beachtung, allerdings ist hierbei eine Fixierung auf technische Integrationsaspekte festzustellen. Angesichts der skizzierten Anforderungen stellt sich jedoch die Frage nach der organisatorischen Verankerung serviceorientierter E-Learning-Architekturen. So zeigen die Erfahrungen von Unternehmen, dass herkömmliche Organisationsmodelle - die meist auf monolithische Anwendungssysteme mit langen Änderungszyklen ausgerichtet sind und auf der Trennung von Betrieb und Entwicklung aufbauen - zum Management serviceorientierter Architekturen ungeeignet sind [SD06](27). Um auf die zunehmende Dynamik und Ausdifferenzierung von Lehr- und Lernprozessen reagieren zu können, sind Organisationskonzepte erforderlich, die anhand des prozessbezogenen Unterstützungsbedarfs der Zielgruppen eine Bereitstellung adäquater E-Learning-Services leisten. Diese sind - der Leitidee des SOA-Konzepts folgend - primär durch die Kopplung vorhandener Anwendungssysteme zu realisieren.
Der hiermit einhergehende organisatorische Wandel wirft die Frage nach der Eignung des TCO-Konzepts für das Kostencontrolling serviceorientierter E-Learning-Plattformen auf. Problematisch ist hierbei, dass das TCO-Konzept aufgrund seines zeitlichen Ursprungs nicht für die spezifischen Anforderungen serviceorientierter Architekturen ausgelegt ist. Dies kommt exemplarisch in der Separierung der drei Kostenkategorien Hardware- und Software, operativer Betrieb und Verwaltung zum Ausdruck. Mit dieser Gliederung wird der Zusammenhang zwischen den Ressourcen (z. B. Software und Personal) im Leistungserstellungsprozess aufgelöst. Dieser strukturbedingte Informationsverlust wirkt sich negativ auf die Kostentransparenz von E-Learning-Services aus, die sich durch die Kombination sachlicher und personeller Ressourcen auszeichnen. Zudem wirft die Verbindung von Anwendungssystemen mit dem SOA-Konzept Abgrenzungsprobleme bei der Kostenerfassung auf. Da E-Learning-Services durch das Zusammenwirken verteilter Systeme - z. B. unterschiedliche LMS in Verbindung mit weiteren Basissystemen der Hochschule - erbracht werden können, geht hiermit eine Ausweitung des Kalkulationsobjekts einher. Ungeklärt ist hierbei auch, wie die anfallenden Integrationskosten zu erfassen und zu verrechnen sind.
Die dargestellten Defizite im SOA-Kontext unterstreichen die Notwendigkeit einer serviceorientierten Weiterentwicklung des TCO-Konzepts. Als konzeptionelle Grundlage hierfür können Organisationsmodelle herangezogen werden, die die notwendigen Tätigkeiten und Ressourcen zur Bereitstellung serviceorientierter Architekturen spezifizieren. Als genereller de facto-Standard für das Management von IT-Services hat sich in den vergangenen Jahren die IT Infrastructure Library (ITIL) des englischen Office of Government Commerce (OGC) entwickelt [HLS03; HZB04](18)(19). Aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die ITIL auch ein geeignetes Organisationsmodell zur Einführung und zum Betrieb serviceorientierter Architekturen darstellt [SD06](27). Als Ansatzpunkt zur Weiterentwicklung des TCO-Konzepts bietet sich im Rahmen weiterführender Forschungsaktivitäten die Anpassung dieses Modells an die domänenspezifischen Eigenschaften von E-Learning-Lösungen an.
Eine weitere Entwicklungsperspektive wird durch steigende Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsanforderungen an Bildungsmaßnahmen aufgespannt. Diese motivieren zwar generell den Ausbau des Controllings für das E-Learning, indes ist hierbei insbesondere der Integration der unterschiedlichen Instrumente Rechnung zu tragen. So liefert das TCO-Konzept lediglich Aussagen über die Kosten von E-Learning-Plattformen aus Betreibersicht, nicht jedoch über den Nutzen der bereitgestellten Funktionalitäten für die Anwender, der für die praktische Akzeptanz meist von zentraler Bedeutung ist. So kann eine singuläre Fixierung auf systembedingte Kosten zu falschen Investitions- bzw. Desinvestitionsentscheidungen führen. Hiermit ist beispielsweise dann zu rechnen, wenn Plattformen mit unterschiedlichen Nutzenpotenzialen (z. B. unterschiedlichen Funktionalitäten) lediglich anhand ihrer Kostenwirkungen verglichen werden. Infolgedessen sind Instrumente zur Erfassung der Nutzenwirkungen notwendig. Besondere Herausforderungen resultieren hierbei aus nicht-monetären Nutzeffekten, die sich einer Bewertung mithilfe investitions- und kostentheoretischer Methoden entziehen. Zwar stehen zur Bewertung nicht-monetärer Nutzeffekte von Informationssystemen multikriterielle Verfahren der Entscheidungstheorie zur Verfügung, wie z. B. in Form der praktisch weit verbreiteten Nutzwertanalyse, allerdings besitzen diese keine lerntheoretische Fundierung, die für die Domäne des E-Learning als notwendige Bedingung anzusehen ist [Da05](6). Für ein nutzenorientiertes Controlling von E-Learning-Plattformen ist daher ein interdisziplinärer Ansatz notwendig, der lerntheoretisch fundierte Konzepte und Instrumente aufgreift. Zur theoretischen Fundierung eines nutzenorientierten Controllings kann beispielsweise auf die allgemeine Tätigkeitstheorie (Activity Theory) zurückgegriffen werden, die als offene, psychologische Handlungstheorie zur Entwicklung praktisch anwendbarer Methoden für die Gestaltung und die Evaluation rechnergestützter Lernumgebungen beigetragen hat [QS04](25). Darüber hinaus haben tätigkeitstheoretische Konzepte auch Eingang in die betriebswirtschaftliche Organisationstheorie und die Arbeitspsychologie gefunden [Ha05](16), sodass eine interdisziplinäre Zusammenarbeit erleichtert wird.
Neben der Integration von Kosten- und Nutzenperspektive ist auch eine Verbindung des TCO-Konzepts mit weiteren Controllinginstrumenten notwendig, um den Informationsbedarf von Entscheidungsträgern im E-Learning-Umfeld zu decken. So können etwa TCO-Modelle für Plattformen mit Kostenmodellen über bereitgestellte Lernobjekte zusammengeführt werden, um aggregierte Kosteninformationen zur Verfügung zu stellen. Einen Anwendungsbereich hierfür bildet die Learning Scorecard als strategisches Steuerungsinstrument für Bildungsmaßnahmen, die z. B. Kosten auf Kurs- oder Veranstaltungsebene enthält. Bei dieser instrumentellen Integration ist allerdings auf die Einheitlichkeit der Bewertungsmaßstäbe zu achten. So liegt eine verfahrensbedingte Problematik des TCO-Konzepts in der Analyse von Kosten. Im Rahmen langfristiger Kalküle sind jedoch nicht Kosten, sondern Auszahlungen als relevanter Bewertungsmaßstab zu erfassen, sodass auch Zinseffekte und steuerliche Wirkungen von E-Learning-Investitionen abgebildet werden. Eine entsprechende Erweiterung des ursprünglichen TCO-Modells auf Grundlage des Konzepts Vollständiger Finanzpläne (VOFI) liegt mit dem TCO-VOFI vor, der eine investitionstheoretisch fundierte Ermittlung der TCO-Kennzahl gestattet [GL04; BD03](14)(1).
Die skizzierten Perspektiven verdeutlichen, dass das TCO-Konzept für den Anwendungskontext von E-Learning-Plattformen nicht nur inhaltlich weiter zu entwickeln ist, sondern vielmehr auch eine Integration mit weiteren Instrumenten des Bildungscontrollings notwendig ist. Aufgrund der ausgeprägten theoretischen und instrumentellen Pluralität des Bildungscontrollings [ES04](8) dürften hierfür insbesondere interdisziplinäre Ansätze Erfolg versprechend sein, die das E-Learning aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten und somit die individuellen Informationsbedarfe unterschiedlicher Akteure decken können. Im Rahmen dieses Beitrags wurde mit dem TCO-Konzept eine methodische Komponente aufgegriffen, mit der der Ressourceneinsatz für LMS als wichtige Infrastrukturkomponenten des E-Learning bewertet werden kann. Da in Zukunft mit einem zunehmenden Kostendruck im Bildungssektor zu rechnen ist, sind die künftigen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in diesem Gegenstandsbereich mit Interesse zu beobachten.
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[1] Hiermit wird im TCO-Modell Software erfasst, die untrennbar mit der Hardware verbunden ist, wie z. B. vorinstallierte Software.